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Archiv-Artikel

Strompreis außer Konkurrenz

Hamburg will seinen Liefervertrag mit Vattenfall ohne öffentliche Ausschreibung verlängern. Der Konkurrent Lichtblick sieht darin einen Verstoß gegen das Vergaberecht und will vor Gericht ziehen

von Gernot Knödler

Der Senat will einen 30-Millionen-Euro-Auftrag vergeben und dabei auf eine öffentliche Ausschreibung verzichten. Konkret geht es um den seit 2002 laufenden Stromliefervertrag von Vattenfall – damals Hamburgische Electricitäts-Werke (HEW) – für die städtischen Einrichtungen. Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) möchte ihn zum dritten Mal in Folge verlängern, ohne zuvor die Angebote anderer Versorger einzuholen. Die Ökostrom-Firma Lichtblick, Deutschlands größter unabhängiger Stromanbieter, will sich das nicht gefallen lassen. Sie hat angekündigt, den Fall vor das Oberlandesgericht zu bringen.

Bei dem Streit geht es darum, wer den Strom für die öffentlichen Gebäude, die Straßenbeleuchtung, Ampeln und Brunnen Hamburgs liefern darf. Dabei kommt eine ganz schöne Auftragsmenge zusammen: rund 270 Millionen Kilowattstunden pro Jahr muss der Senat bezahlen. Das entspricht dem Verbrauch von 120.000 Haushalten. Trotz der großen Liefermenge hat die Vergabekammer bei der Finanzbehörde der Vertragsverlängerung zugestimmt. Allerdings habe der Vorsitzende der Kammer in der mündlichen Verhandlung „erhebliches Unbehagen“ geäußert, sagte Lichtblick-Pressesprecher Gero Lücking.

Mit dem Gang vor ein ordentliches Gericht will Lichtblick „einen Präzedenzfall für die gesamte derzeitige Vergabepraxis im Strommarkt in Deutschland“ klären lassen. „Wir sind uns sicher, dass uns das Oberlandesgericht Hamburg Recht geben und auf der Einhaltung des Vergaberechts bestehen wird“, sagte Lichtblick-Geschäftsführer Heiko von Tschischwitz. Die einseitige Marktabschottung durch die Stadt zu Gunsten von Vattenfall sei rechtswidrig und konterkariere die Ziele des Wettbewerbs.

Lichtblick argumentiert, der Vertrag könne nicht einfach verlängert werden. Denn der Senat und Vattenfall hätten sich für 2007 geeinigt, den Preis zu erhöhen. Wenn wesentliche Vertragsbestandteile geändert würden – und dazu gehöre der Preis – müsse der Auftrag laut Vergaberecht öffentlich ausgeschrieben werden. Nach Angaben von Lichtblick soll auch die Abrechnungsmethode zu Gunsten von Vattenfall geändert werden. Und anders als im ursprünglichen Vertrag vorgesehen, würde Vattenfall nur noch so viel grünen Strom liefern müssen wie unbedingt nötig. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) schreibt vor, dass zehn Prozent des Strommixes eines jeden Anbieters aus erneuerbaren Quellen stammen müssen.

Die Wirtschaftsbehörde reagierte auf diese Vorhaltungen mit der dürren Mitteilung, die Vergabekammer sei ihren Argumenten in der Sache gefolgt. „Angesichts ständig steigender Strompreise ist es mir im Interesse der Steuerzahler wichtig, zügig die Stromverträge für 2007 abzuschließen“, beteuerte Wirtschaftssenator Gunnar Uldall. „Sonst drohen der Stadt hohe Mehrkosten.“ Seine Behörde werde aber zügig damit beginnen, die Ausschreibungen für 2008 vorzubereiten.

Lichtblick-Sprecher Lücking will das nicht einleuchten: Der Vertrag der Stadt mit Vattenfall müsste zwar bis Ende Juni gekündigt werden, läuft aber bis Ende des Jahres. Für eine Ausschreibung für 2007 gebe es also genügend Zeit.

Lücking wies darauf hin, dass die Strompreise vor ein paar Tagen eingebrochen seien. Das Land Berlin zeige, wie ein öffentlicher Auftraggeber vom Wettbewerb profitieren könne. Berlin schreibt seinen Strombedarf alle zwei Jahre neu aus. Vor zwei Wochen hat Lichtblick den Auftrag für die Belieferung Berlins in dem kommenden beiden Jahren verloren – an Vattenfall. Deren Angebot war einfach billiger.