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Reitz-Signal aus dem Westen

POLITIK Wird der Chef der „Westdeutschen Allgemeinen“ neuer Regierungssprecher?

Man stelle sich vor, es wäre nicht um Angela Merkels Regierungssprecher Ulrich Wilhelm (CSU), sondern um Gerhard Schröders alten Intimus Béla Anda (SPD) gegangen: Wäre der Durchmarsch vom Posten des obersten Verkäufers der Bundesregierung auf den Intendantenjob bei einer der großen ARD-Anstalten ebenso allseitig beklatscht worden, wie es nun beim Bayerischen Rundfunk (BR) der Fall ist? Wohl kaum. Seit Donnerstag hat der BR nun seinen designierten neuen Intendanten Ulrich Wilhelm.

Die Wahl im BR-Rundfunkrat, von den Grünen zu Recht als Farce bezeichnet, fiel so eindeutig aus wie erwartet: 40 von 44 für Wilhelm. „Ein Mann von gediegener Gelassenheit“ , titelte der Fachdienst epd medien in seinem Porträt. Doch von solch gediegener Gelassenheit konnte beim nichtöffentlichen „Vorsingen“ von Wilhelm im Rundfunkrat vor der Wahl keine Rede sein: Nervös habe sich der Regierungssprecher präsentiert, sagen Anwesende. Dabei war die Wahl ausgemachte Sache und schon vor Monaten vom scheidenden BR-Intendanten Thomas Gruber eingefädelt worden.

Kritischen Fragen danach, wie sich so ein Wechsel von der Regierungsbank auf den obersten Posten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk vertrage und welche Rolle er eigentlich beim Abschuss von ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender im letzten Herbst gespielt habe, sei Wilhelm ausgewichen: „Der hat drum herumgeredet“, sagt Grünen-Rundfunkrat Ludwig Hartmann. Wilhelm habe nur erklärt; er werde jetzt für die Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks eintreten.

Dafür gibt es auch eine kleine Schamfrist: Wilhelm geht als Regierungssprecher im Juli ab – so bleiben sechs Monate bis zum Amtsantritt beim BR am 1. Februar 2011. Doch wie um die Bemühungen um ein bisschen Staatsferne souverän zu konterkarieren, meldete sich nach der Wahl als Erstes die Bayerische Staatskanzlei zu Wort und gab ihren Segen: „Ulrich Wilhelm wird als neuer Intendant fachlich und menschlich überzeugen“ – CSU-Chef Horst Seehofer und sein Medienminister Siegfried Schneider gratulieren herzlichst.

Bleibt die Frage, wer Wilhelm in Berlin als Regierungssprecher beerbt. Tief im Westen wird derzeit über den Namen eines gern medienwirksam auftretenden Chefredakteurs spekuliert, der ohnehin alle paar Jahre den Job wechselt. Und der sich bei den eben abgelaufenen Landtagswahlen mit seinen Blättern recht deutlich hinter den CDU-Kandidaten Jürgen Rüttgers warf: Ulrich Reitz, seit 2005 Chefredakteur der WAZ. Das freundliche Interview, das Reitz vor knapp drei Wochen mit der Kanzlerin führte, heißt es in Essen, sei da durchaus als Bewerbungsschreiben zu verstehen. STG

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