: EU-Chefs heulen sich was vor
FLÜCHTLINGE EU stärkt Grenzschutz. Sonst bleibt alles beim Alten
BRÜSSEL taz | Nach ein paar vergossenen Krokodilstränen ist die EU zur traurigen Routine in der Flüchtlingspolitik zurückgekehrt. Der EU-Gipfel beschloss am Freitag in Brüssel, den Kampf gegen Schleuser und Menschenschmuggel zu intensivieren. Die umstrittene Grenzschutzagentur Frontex soll gestärkt werden. Das neue Überwachungssystem Eurosur, das mit Satellitentechnik und Aufklärungsdrohnen arbeitet, soll bald starten. Gegen eine Lockerung der Flüchtlingspolitik und eine solidarischere Lastenteilung hatte sich vor allem Deutschland ausgesprochen.
Bereits vor dem Gipfel hatte die Bundesregierung die Devise ausgegeben, dass man an den „bewährten“ Regeln festhalten müsse. Nach dem Treffen sagte Kanzlerin Angela Merkel, es seien „keine qualitativen Änderungen“ diskutiert worden.
„Die tragischen Ereignisse vor Lampedusa haben uns alle tief bestürzt“, so die Chefin der Christdemokraten. EU-Kommissionschef José Manuel Barroso habe von seinem bewegenden Besuch auf der Insel berichtet. Nun solle erst einmal die neue „Task Force“ die Arbeit aufnehmen, die Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) in Brüssel auf den Weg gebracht hatte. Danach könne man weitersehen.
Noch in der Nacht zu Freitag, also während des Brüsseler Gipfeltreffens, waren erneut mehr als 700 Flüchtlinge vor Lampedusa gestrandet und gerettet worden. Anfang Oktober waren binnen weniger Tage mehr als 400 Leichen aus dem Mittelmeer geborgen worden. Danach hatten Hilfswerke und Kirchen eine andere Flüchtlingspolitik gefordert. Italiens Premierminister Enrico Letta forderte auch eine gerechtere Lastenteilung.
Doch Merkel und Gipfelchef Herman Van Rompuy erteilten diesen Forderungen eine Absage. Van Rompuy erklärte, die EU wolle den drei Grundsätzen „Vorbeugung, Schutz, Solidarität“ folgen. Aus dem Europaparlament kam scharfe Kritik. Es fehle Klartext, sagte Rebecca Harms, Kofraktionsvorsitzende der Grünen. „Klartext heißt: Alle EU-Mitgliedstaaten müssen dazu gebracht werden, dass sie Asylrecht umsetzen.“ ERIK BONSE