Jamaikanische Verhältnisse am Main

Die FDP soll Schwarz-Grün in Frankfurt notfalls eine Mehrheit sichern. Der Lohn: ein Dezernat. Die Grünen geben Widerstand gegen neuen Autobahntunnel auf. Die CDU verzichtet im Gegenzug auf eine U-Bahn. Und ein Flohmarkt bleibt am Mainufer

AUS FRANKFURT AM MAINKLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

Die Koalitionsvereinbarung zwischen CDU und Grünen in Frankfurt ist konzipiert und soll heute offiziell vorgestellt werden. Inoffiziell wurde jedoch gestern schon bekannt, dass ausgerechnet die FDP in die avisierte Koalition „flankierend eingebunden“ werden soll, wie es aus dem Umfeld der grünen Verhandlungsdelegation süffisant hieß. Oberbürgermeisterin Petra Roth höchstpersönlich habe darauf bestanden, die Liberalen formal mit ins Boot zu nehmen, so der Flurfunk im Römer. Zwar nicht direkt als Koalitionspartner – aber immerhin als „Hilfskraft“ bei der Mehrheitsbeschaffung für die Koalition insbesondere bei geheimen Abstimmungen.

Dieser Deal soll noch am Wochenende auch vertraglich festgelegt werden. CDU und Grüne verfügen im Stadtparlament nur über die hauchdünne Mehrheit von zwei Stimmen. Und was bekommt die FDP für diese treuen Dienste? Eine Garantieerklärung dafür, dass die nicht direkt an der Stadtregierung beteiligte Partei das Baudezernat auch über das Jahr 2007 hinaus behalten darf. So billig und „außerordentlich würdelos“ sei die FDP noch nie zu haben gewesen, meint die SPD dazu.

Die grünen Verhandlungsführer werden das ihrer Basis am Montag auf dem Kreisparteitag erklären müssen. Und auch, warum sie offenbar ihren Widerstand gegen den Bau des Riederwaldtunnels zwischen der A 66 und der A 661 aufgaben – nachdem die Partei an der Seite der örtlichen Bürgerinitiative das Großprojekt vier Legislaturperioden lang bekämpft hatte. Die CDU habe im Gegenzug auf die Erweiterung der Streckenführung für die U 4 verzichtet, hieß es dazu erklärend. Außerdem bleibe der Flohmarkt am Mainufer und werde nicht ausgelagert. Ob das ausreicht, die grünen Verlierer in den betroffenen Bezirken zu trösten? Die Bürgerinitiative jedenfalls wird der Partei umgehend die Freundschaft aufkündigen – am Montag auf der Kreisversammlung. Damit die Stimmung dort nicht ganz so schlecht wird, versicherten die Verhandlungsführer um den wohl zukünftigen Verkehrsdezernenten Lutz Sikorski, dass man trotz der Koalition mit der CDU in Frankfurt weiter gegen Roland Koch und die Politik der Union auf Landesebene Front zu machen gedenke. Der Flughafenausbau bleibt denn auch umstritten und ist nicht Gegenstand der Koalitionsvereinbarungen.

Im Übrigen soll sich die CDU auch mit ihrer Forderung nach einer Senkung der Gewerbesteuer durchgesetzt haben. Das wird der Basis der Union gefallen, die am Dienstag, einen Tag nach den Grünen, in nichtöffentlicher Sitzung den Koalitionsvertrag verabschieden soll. Dass der am Ende von beiden Parteien mehrheitlich akzeptiert wird, gilt als sicher. Denn jeder wisse: „Kommt es zu einem Fiasko, ist die Option auf Schwarz-Grün in der Stadt für die nächsten 100 Jahre erledigt“, so eine Bemerkung aus der Union. 2001 war CDU/Grüne schon nach 24 Stunden obsolet. Da hatte mutmaßlich ein Unionist bei der Wahl der ehrenamtlichen Stadträte für einen „Republikaner“ votiert.