Intime Autobiografie

SPRECHGESANG In den 70ern war Gil Scott-Heron mit seinem Sprechgesang Wegbereiter für Rap und Spoken Word. Jetzt gibt es nach 13 Jahren mit „I’m New Here“ ein neues Album

Eine intime Autobiografie, die den Rap-Wegbereiter in die Gegenwart führt

VON ROBERT MATTHIES

In den meisten Ahnenreihen des Hip-Hop taucht Gil Scott-Heron gar nicht auf. Dabei hat der Poet, Romancier und Musiker schon 1970 nicht wirklich anderes getan als Grandmaster Flash zehn Jahre später. Auf seinem Debütalbum „Small Talk at 125th & Lennox Ave“ rezitierte der von Schwarzen Bürgerrechtlern wie dem Lyriker und Dramatiker Amiri Baraka beeinflusste Chicagoer sozialkritische Texte seines gleichnamigen Gedichtbandes in einem Rap-artigen Sprechgesang, unterlegt von Musik und Rhythmen.

Darunter auch sein bis heute bekanntestes Gedicht „The Revolution Will Not Be Televised“, eine längst zum geflügelten Wort gewordene beißende Medien- und Kapitalismuskritik aus der Perspektive der Schwarzen Bürgerrechtsbewegung, voll mit politischen und kulturellen Referenzen, die der New Statesman kürzlich zu den 20 besten politischen Songs aller Zeiten gekürt hat.

Später kamen bei Stücken wie „Lady Day and John Coltrane“ soulige und funkige Songstrukturen dazu, Singles wie „The Bottle“ kletterten die R & B-Charts hoch, Anfang der 90er zog sich Scott-Heron dann zunehmend aus dem Musikgeschäft zurück. Zuletzt ermahnte er 1994 auf dem Album „Message to the Messengers“ junge Rapper, Verantwortung für Kunst und Community zu übernehmen.

Nun hat Scott-Heron nach 16-jähriger musikalischer Funkstille, in der er vor allem wegen seiner Kokainsucht und damit zusammenhängenden Gefängnisstrafen von sich reden machte, wieder ein Album, sein siebzehntes, aufgenommen. Gerade mal 29 Minuten lang ist die 15 Stücke und Interludes enthaltende Platte. Eine halbe Stunde, die es dennoch in sich hat. Statt mit Funk und Soul werden die Gedichte des Altmeisters mit düsterem Trip-Hop, untermalt, dazwischen immer wieder Folk-Versatzstücke, karg und aufs Notwendige reduziert. Eine intime Autobiografie, die den Rap-Wegbereiter behutsam in die Gegenwart führt.

■ Fr, 14. 5., 21 Uhr, Fabrik, Barnerstraße 36