: Gefangen soll gefangen bleiben
Nordseestaaten wollen die Fischfangquoten durch fixe Fangtage ersetzen. Damit soll verhindert werden, dass ein großer Teil der Beute wieder im Meer landet
STOCKHOLM taz ■ Rund 500.000 Tonnen Speisefisch aus der Nordsee landen jährlich nicht in den Pfannen und Töpfen, sondern wieder im Meer. Das ist ein Drittel der gesamten Fangmenge. Dabei handelt es sich entweder um nicht verkäuflichen Fisch oder um Überhang aus den Fangquoten. Den Fischen hilft dieser so genannte Rückwurf nicht mehr, sie sind nach dem Aufenthalt in den Netzen und auf dem Deck kaum mehr überlebensfähig. Aber die Fischer haben keine andere Möglichkeit, wenn sie keine Strafe wegen Quotenüberschreitung zahlen wollen. Nun soll – zumindest in Teilen der Nordsee – Schluss sein mit diesem Fischdumping. Auf diesen Vorschlag haben sich die UmweltministerInnen der acht Nordseeanrainerstaaten auf der letzten Nordseekonferenz im schwedischen Göteborg geeinigt, die am Freitag zu Ende ging.
Ab dem kommenden Jahr sollen Berufsfischer im Kattegatt, also der nordöstlichen Nordsee zwischen Dänemark, Norwegen und Schweden, statt der heutigen Quoten bestimmte Fangtage zugewiesen bekommen. Alles, was an diesen Tagen ins Netz geht, darf angelandet werden. In Norwegen und auf den Färöer-Inseln gibt es bereits ähnliche Modelle. Fischdumping konnte dort massiv vermindert werden.
Schwedens Umweltministerin Lena Sommestad, die Gastgeberin der Konferenz, sprach von einem „Schritt zu einer neuen Form der Verwaltung der Fischressourcen“. Sie könne sich vorstellen, dass ein solches System langfristig auch an die Stelle des Quotensystems treten werde, auf dem die EU-Fischereipolitik der letzten drei Jahrzehnte aufbaut. Brüssel war bislang skeptisch, was eine Ablösung der Quotenregelungen angeht. Auch der von den Nordseeanrainerstaaten vorgeschlagene Kattegatt-Versuch muss von der EU noch abgesegnet werden.
Neben der Fischerei waren die von der Schifffahrt ausgehenden Umweltgefahren ein Schwerpunkt der Konferenz. Schiffe stehen nach Öl- und Kohlekraftwerken für die höchsten Schwefeldioxidemissionen in der EU. Eine radikale Senkung der Schwefelgrenzwerte im Schiffsdiesel ist bislang an Brüssel gescheitert. Umweltschutzorganisationen wie der WWF kritisierten, dass auch die Abschlusserklärung von Göteborg dieses Thema nur vage aufgreift. Auch sei es bedauerlich, dass Forderungen wie die nach einem allgemeinen Fangstopp für Dorsch keine Mehrheit gefunden hätten.
In Göteborg fand vermutlich die letzte internationale Nordseekonferenz statt. Kein Anrainerstaat hat bislang Interesse bekundet, diese 1984 in Bremen gestartete Konferenzserie fortzusetzen. Die Kompetenzen der Nordseekonferenz sollen in Zukunft von der EU wahrgenommen werden. Nach Einschätzung des WWF „verliert der Nordseeschutz sein wichtigstes Forum“. REINHARD WOLFF
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen