Bund braucht Atomhilfe

AKW Schwarz-Gelb benötigt für Verlängerung der Laufzeiten ein Ja des Bundesrats – sagen Juristen des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags

BERLIN taz | Zumeist arbeitet der wissenschaftliche Dienst des Bundestages unauffällig. Doch spielt er eine große Rolle, etwa wenn er Abgeordneten in Verfahrensfragen hilft wie dieser: Muss die Länderkammer den von Schwarz-Gelb geplanten längeren Laufzeiten für Atomkraftwerke zustimmen? Ja, urteilen die Bundestagsjuristen.

Bisher ist unter Politikern und Juristen umstritten, ob der Bundesrat bei einem möglichen Ausstieg aus dem Atomausstieg mitreden muss. Nach der Landtagswahl in NRW kann dies aber entscheidend sein. Denn mit dem Machtverlust von Schwarz-Gelb ist auch die Mehrheit von CDU und FDP im Bundesrat dahin. Grüne, Rote, Linke könnten den Ausstieg aus dem Atomausstieg blockieren.

Die Experten des Bundestags argumentieren in einer zweiseitigen Analyse: „Für Laufzeitverlängerungen bzw. die Wiederzulassung der dauerhaften Nutzung der Atomenergie ist eine Gesetzesänderung erforderlich, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf.“ Blieben die Meiler länger am Netz, führe dies „zu einer Verlängerung der Vollzugsaufgaben mit entsprechendem Personal- und Kostenaufwand der Länder, was die Zustimmungsbedürftigkeit auslöst“. Die Länder sind für die Überwachung der Reaktoren zuständig.

Ähnlich sieht das auch Ursula Heinen, CDU-Staatssekretärin im Bundesumweltministerium (taz vom 7. 5. 2010). Zuständige im Wirtschaftsministerium hingegen glauben, man könne das Gesetz so formulieren, dass der Bundesrat nichts zu sagen hat. Beschließt die Regierung die Verlängerung der Laufzeiten aber ohne Bundesrat, könnte es zu einem langen Streit kommen – und das Bundesverfassungsgericht am Ende das Gesetz kippen.

Der Ausstieg aus dem Atomausstieg ist ein juristisches Risiko – und ein politisches, meint Gerd Rosenkranz von der Deutschen Umwelthilfe. Das habe sich bei der NRW-Wahl gezeigt. Die Grünen („Atomkraft? Nein danke!“) haben als einzige Partei Nichtwähler hinzugewonnen. Offen, wie sehr das Schwarz-Gelb beeindruckt. HANNA GERSMANN