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Archiv-Artikel

Nur zur Erinnerung

Nicht gegendarstellungsfähig: Jony Eisenbergs juristische Betrachtungen. Heute: „Sudel-Kai“ und Heide Simonis

Dieser Tage macht er sich mausig bei Brutalo-George W. in Washington und souffliert arschkriecherisch Stichworte. Zu Hause gehen seine Schmierer von Bild ihrer Lieblingsbeschäftigung nach, der Menschenjagd.

Nachdem sie am 2. Mai dieses Jahres auf der ersten Seite ihrer Zeitung Maden in das Gesicht von Heide Simonis montiert hatten, wehrte diese sich durch Gegendarstellungs- und Unterlassungsbegehren. Die erfüllte Bild nicht etwa, sondern lauerte der ehemaligen SPD-Ministerpräsidentinin Kiel überdies am 3. Mai auf, fotografierte sie heimlich beim Mittagessen in einem Hamburger Lokal und veröffentlichte dieses Foto am drauf folgenden Tag. Das gibt Gelegenheit, an den legendären Schwanz-ab-prozess zu erinnern, den „Sudel-Kai“ einst gegen die taz anstrengte. Seine Schmerzensgeldforderung wegen einer satirischen Fiktion, die ihm eine misslungenen Penisvergrößerungsoperation unterstellte, hat das Landgericht Berlin damals mit folgender Begründung abgewiesen: „Vor allem aber spricht gegen das Bedürfnis für eine Geldentschädigung, dass der Kläger (Sudel-Kai) Chefredakteur der Bild-Zeitung ist (…) In der Bild werden (…) häufig persönlichkeitsrechtsverletzende Beiträge veröffentlicht. Sudel-Kai ist hierfür in äußerungsrechtlicher Hinsicht verantwortlich. Als Chefredakteur hätte er ohne weiteres die Möglichkeit, diese Rechtsverletzungen zu unterbinden. In manchen Fällen wird Sudel-Kai sogar Initiator der Rechtsverletzungen sein. Durch sein Unterlassen beziehungsweise sein aktives Tun befördert er so nicht nur den Umsatz und die Einnahmen des Verlages der Bild-Zeitung, sondern auch seine persönlichen Einkünfte (…) Die Kammer hält dafür, dass derjenige, der (…) bewusst seinen wirtschaftlichen Vorteil aus der Persönlichkeitsrechtsverletzung anderer sucht, weniger schwer durch die Verletzung seines eigenen Persönlichkeitsrechtes belastet wird. Denn er hat sich mit Wissen und Wollen in das Geschäft der Persönlichkeitsrechtsverletzungen begeben und wird daher (…) davon ausgehen, dass diejenigen Maßstäbe, die er anderen gegenüber anlegt, auch für ihn selbst von Belang sind.“

Womit sich die Frage stellt, was Sudel-Kai wohl dazu sagen würde, wenn sein Gesicht auf einen mit einem operationsverstümmelten Genitalstumpf versehenen Männertorso montiert und einem Millionenpublikum auf den Händlerschürzen sämtlicher Zeitungskioske in Deutschland vorgeführt würde …

Unser Autor ist Strafverteidiger in Berlin und Anwalt von Heide Simonis