Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Ein Mindestlohn von 8 Euro, wie von der Linkspartei gefordert? Die Gewerkschafter werden sich freuen – vor allem im Baubereich. Die Debatte um einen solchen Lohn kann nur sinnvoll sein, wenn sie europaweit geführt wird

US-Präsident George W. Bush ist allein zu Haus und hält Angela Merkels Kommunismus-Opfer-Biografie für so etwas wie geistige Verwandtschaft

taz: Was war schlecht in der letzten Woche?

Friedrich Küppersbusch: Meine Nicht-Lektüre der Bild-Zeitung schützt mich nicht vor Kollateraltexten über Bild-Themen anderswo.

Was wird besser in dieser?

Verstehe Kollateraltexte ab sofort als Einladung zur Nicht-Lektüre anderer Zeitungen.

Angela Merkel war bei Präsident George W. Bush. Wie war Sie? Zu weich?

Blair ist ein lame duck, Berlusconi weg, Chirac schrödert durch, auch Spanien und Polen sind keine „willigen Koalitionäre“ mehr – Bush ist allein zu Haus und hält Merkels Kommunismus-Opfer-Biografie für geistige Verwandtschaft. Sie hingegen hat in netter Form nichts gesagt, und nichts, was ein Schröder über das Existenzrecht Israels, die Ablehnung des Terrors und die Gültigkeit der Nuklearabkommen nicht auch gesagt hätte.

Wird Merkel, wenn sich die Frage Krieg gegen den Iran zuspitzt, an Bushs Seite marschieren? Oder kann Sie sich das zu Hause nicht leisten?

Kohl kaufte sich mit Geld frei, Schröder trotzte nach außen und half inoffiziell – Merkels Ticket ist zunächst, sich als geborene Vermittlerin zu positionieren. Mitmarschieren nach dem Scheitern aller Verhandlungswege wird sie, wenn es die Meinungsumfragen hergeben. Da sind die BürgerInnen gefordert.

Heute veranstaltet die Linksfraktion im Bundestag eine Anhörung zum Mindestlohn. Brauchen wir einen Mindestlohn – und wie hoch muss er sein. Sind 8 Euro, wie die Linkspartei im Bundestag fordert, realistisch?

Im Bau-Tarifvertrag liegt der Mindestlohn über 10 Euro, die werden sich freuen. Insgesamt geht’s um die Frage, ob die Gewerkschaften resigniert sagen: „Wo wir gar keinen Tarifvertrag mehr hinbekommen, wollen wir wenigstens diese Kleinstsicherheit organisieren“ – oder ob sie kämpferisch sagen: „Tarife vereinbaren wir und die Unternehmen & sonst niemand.“ Die Argumentation, wonach Mindestlöhne hier die Firmen in andere Länder vertrieben, lädt einmal mehr herzlich dazu ein, die Mindestlohndebatte europaweit zu führen oder gar nicht.

Die Unternehmer sagen, der Mindestlohn wird Arbeitsplätze kosten – gerade im Mittelstand? Stimmt das ?

Gegen Aufpreis sagen diese Unternehmen auch, dass Lohn an sich Arbeitsplätze kostet.

Seit einem Jahr gibt es das Holocaust-Denkmal in Berlin. Waren die jahrelangen Debatten um das Mahnmal überflüssig? Ist das Mahnmal mehr als eine Touristenattraktion?

Ich sehe es stets gut besucht, dezent bewacht, höre eindrückliche Schilderungen von Besuchern und meine, als günstiges Fazit sagen zu können: Es schadet nicht.

Am Donnerstag tagt voraussichtlich der hart umkämpfte BND-Untersuchungsausschuss zum ersten Mal. Dürfen wir hoffen, dass der Ausschuss Licht ins Dunkel bringen wird?

Bei Dokumenten, die als heikel eingestuft werden, gilt das Vorsitzenden-Verfahren: Kauder (CDU) und Hartmann (SPD) entscheiden, ob der Ausschuss sie zur Kenntnis bekommt. Da beide Parteien bereits ihr Interesse formuliert haben, „die Arbeit der Dienste zu schützen“, werden vermutlich Kauder und Hartmann Erkenntnisse sammeln. Und nur sie. Die Vorfreude der Union, Rot-Grün nachträglich heuchlerischer Kollaboration zu bezichtigen, widerspricht ihrem eigenen Anliegen, fröhlich weiter zu kollaborieren.

Am nächsten Sonntag wird Kurt Beck zum neuen SPD-Vorsitzenden gewählt. Ist er das letzte Aufgebot der SPD – oder jemand, der als SPD-Chef am richtigen Platz ist?

142 Jahre für den steinigen Weg von Bebel zu Bembel sind eine schöne Leistung. Wenn die SPD jeweils den zum Parteivorsitzenden der Woche kürt, der gerade noch irgendwo mitregieren darf, muss der Oberbürgermeister von Dortmund als nächstes nervös werden. Kurt Beck ist keine programmatische Entscheidung, bei der Konkurrenz findet sich vergleichbares Landesfürstentum erst hinter Merkel, Wulff, Schäuble mit Koch auf Platz vier. Kurt und gut: Er bringt alles mit, unterschätzt zu werden. Damit ist Merkel Kanzlerin geworden.

Und was macht Borussia Dortmund?

Bis Mittwoch kann man vorm Egal-GehDuMal-Park alte Sitzschalen von der Osttribüne für 5 Euro das Stück kaufen. Auf den neuen nach der WM werden wir dann bestimmt: Nun ja. Wieder nicht absteigen. FRAGEN: SR