Ein bisschen Spaß muss sein: Die Torpedo Boyz und Egotronic kommen einem lustig

Berlin ist ja für allerhand bekannt, für mauerdepressive Müll-Avantgarde, für bösartige Techno-Bretter oder die Nabelschau aus dem Wohnzimmer. Aber für eins ist Berlin nun wirklich nicht gerade berühmt, für Humor nämlich. Jedenfalls seit, sagen wir mal, Zille nicht mehr. Oder findet irgend jemand Kurt Krömer oder Mario Barth tatsächlich lustig? Und auch die Musik macht da keine Ausnahme. Oder, sollte man besser machen: Machte. Die Torpedo Boyz treten jedenfalls an, das mit dem Humor zu ändern.

Auf seinem dritten Album „Return Of The Ausländer“ landet das Duo endgültig im Klamauk: Kentastic und DJ Rollin Hand kombinieren bollernde Electro-Beats, Rap-Karikaturen und Sci-Fi-Ausflüge, Funk-Exkursionen und einen Electro-Surfsound mit einem primitiven, aber ganz gut funktionierenden Witz. Die Schulenglisch-Texte werden immer wieder mit demonstrativem Akzent vorgetragen und handeln davon, wie man am Strand dämlich aussehen kann und wie dicke Männer gehen, wie nett das Internet ist oder wahlweise handeln die Texte auch schon mal von gar nichts. Bisweilen allerdings spielt dieser Humor, im Song „Ich bin Ausländer“ beispielsweise, so vehement mit Klischees, dass er die Grenzen der politischen Korrektheit überschreitet.

Dass Kentastic aka Ken Steen, die eine Hälfte der Torpedo Boyz, im Besitz einer japanischen Mutter ist, gibt ihm zwar noch nicht automatisch die Lizenz, den guten Geschmack außer Kraft zu setzen, aber doch zumindest die Erlaubnis, mal versuchsweise die Perspektive jener einzunehmen, die in ihm nur das Schlitzauge sehen wollen.

Und schließlich: Welcher Humor ist was wert, wenn er nicht ambivalent ist und im Notfall auch mal weh tut?

Die Grenzen des guten Geschmacks überschreiten Egotronic bereits mit dem Coverbild ihres neuen Albums „Ausflug mit Freunden“. Zitieren sie in dem doch das Gladbecker Geiseldrama: Sänger und Mastermind Torsun hält einem seiner Kollegen die Waffe unter die Kehle wie einst Dieter Degowski der später im Schusswechsel umgekommenen Geisel Silke Bischoff.

In der Musik setzt sich die prinzipielle Provokation fröhlich fort. „Eure Toleranz kotzt mich an“, plärrt das Trio in die Welt, um deren Zustand man sich Sorgen macht: „Wenn das Schiff morgen untergeht. Was soll‘s?“

Diese Arschlochhaltung wird unterstützt von Beats, die noch ein wenig primitiver daherrüpeln wie bei den Torpedo Boyz. Hauptsache, es knallt. Und das möglichst derbe. Die Euro-Disco-Ideen, die immer wieder durch die Tracks leuchten, sind auch nicht eben allzu elegant platziert. Kurz: Egotronic spielen Partymusik für Menschen, die kurz vor dem Weltuntergang wenigstens noch mal durch die ganze Scheiße trampeln und dabei möglichst vielen Leuten auf die Füße treten wollen.

Ganz so ernst gemeint ist das natürlich auch wieder nicht. Auf der Rückseite der CD dreht die Band den Spieß um und steckt dem Geiselnehmer die eigene Knarre in den Mund. Humor ist wohl tatsächlich, wenn man trotzdem lacht. THOMAS WINKLER

■ Torpedo Boyz: „Return Of The Ausländer“ (Lounge/ BMG ), Releasae-Party heute Comet Club

■ Egotronic: „Ausflug mit Freunden“ (Audiolith/ Broken Silence),

live heute im Festsaal Kreuzberg, 21.5. im Lovelite