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Archiv-Artikel

Musik, Messen, Missionen

TAZPLAN Zum Schluss die Klassiker: Flotte Gottesdienste, engagierte Friedensstifter und Streit mit der Wissenschaft

VON KARIN SCHÄDLER

POLITIK

Frieden schaffen

Wenn alle Welt von Krieg und Konflikten spricht, ist der Kirchentag vielleicht der richtige Ort, um auch einmal vom Frieden zu sprechen. Unter dem Titel „Frieden ist möglich! Berichte, die Mut machen“ geht es nach einem Vortrag des Soziologen Amitai Etzioni um die konkreten Erfahrungen mehrerer „Friedensstifter“.

Etwa die von Dieter Wenderlein von der Gemeinschaft Sant’Egidio. Seine Organisation wechselte im Bürgerkrieg in Mosambik innerhalb von kurzer Zeit die Rolle: vom Entwicklungshelfer zum politischen Vermittler zwischen Regierung und Rebellen. Es gibt viele Beispiele für Projekte, die auch auf einer ganz grundlegenden Ebene Feindbilder abbauen und damit langfristig Frieden sichern. Anschließend wird in einer Podiumsdiskussion gefragt, welche Verantwortung die Kirche für den Frieden hat.

Wer sich lieber mit dem Brennpunkt Afghanistan beschäftigen möchte, dem sei die Diskussion „Krieg ohne Ende?“ empfohlen. Dort diskutieren unter anderem der Verteidigungspolitiker Winfried Nachtwei (Bündnis 90/Die Grünen) und die afghanische Ärztin und Vorsitzende der afghanischen Menschenrechtskommission Sima Samar.

Samstag, 14 Uhr, Diskussion „Afghanistan – Krieg ohne Ende?“, 16 Uhr, Vortrag und Diskussion „Frieden ist möglich!“, Olympia-Eisstadion, Olympiapark

GOTTESDIENSTE

Lobt ihn mit Techno

Wer meint, ein Gottesdienst müsse Sonntag für Sonntag immer gleich und etwas bieder ablaufen, der wird auf dem Kirchentag eines Besseren belehrt. Da gibt es die bekannten Meditationsgottesdienste, aber auch Ronja-Räubertochter-Gottesdienste, Gottesdienste für werdende Mütter oder auch mal einen Gottesdienst mit Clown.

Thematisch besonders interessant dürfte der Gedenkgottesdienst für die Opfer der Hexenprozesse werden. Ein Arbeitskreis des Frauenreferats im Kirchenkreis Unna beschäftigt sich bereits seit Jahren mit der Rolle, die auch die evangelische Kirche während der Hexenverfolgungen im heutigen Westfalen gespielt hat.

Ein lautstarkes Plädoyer dürfte gewiss der Techno-Gottesdienst „aus Hoffnung für die Menschenrechte“ werden, der in einem Club stattfindet. Damit nicht genug: Die Veranstalter engagieren sich außerdem gegen Landminen und Streumunition.

Unter dem Titel „LesBiSchwul mit guter Hoffnung“ wird außerdem ein ökumenischer Queergottesdienst angeboten.

Samstag, 16 Uhr, Gottesdienst „LesBiSchwul mit guter Hoffnung“, Hoffnungskirche, Carl-Orff-Bogen 217, 16 Uhr, Gedenkgottesdienst für Opfer der Hexenprozesse, Herz Jesu, Lachnerstr. 8, 20 bis 23 Uhr, Techno-Gottesdienst, Kultfabrik, Nox-Club Munich, Grafinger

DISKUSSION

Jenseits von Darwin

Wir edlen Menschen können doch nicht wirklich vom Affen abstammen! Na, von wem denn sonst? Da frag mal die Vertreter des Kreationismus…

Die sind ein gutes Beispiel dafür, dass man nicht jeden Trend aus den USA nachahmen sollte. Die meisten Christen halten nämlich die biblische Schöpfungsgeschichte und naturwissenschaftliche Erkenntnisse für miteinander vereinbar.

Kreationisten glauben das nicht und räumen einer wörtlichen Bibelauslegung den Vorrang ein. Einige meinen gar, naturwissenschaftlich nachweisen zu können, dass die Erde in wenigen Tagen geschaffen wurde.

Auf dem Kirchentag in München diskutieren nun mit dem Mikrobiologen Siegried Scherer und dem Natur- und Verhaltenswissenschaftler Hansjörg Hemminger glücklicherweise zwei Nicht-Kreationisten über das Thema. Scherer meint, Kritik an der Evolutionstheorie ist nicht als Basis für einen Schöpfungsglauben geeignet. Selbst die besten naturwissenschaftlichen Argumente könnten Gott nicht beweisen oder den Glauben begründen.

Hemminger hingegen äußerte in seinem Buch „Und Gott schuf Darwins Welt“ jedoch auch starke Kritik an denjenigen, die meinen, mit der Naturwissenschaft die Nicht-Existenz eines Gottes beweisen zu können.

Samstag, 11 Uhr, Diskussion „Kreationismus in der Diskussion“, Auferstehungskirche, Geroltstr. 12

PÄDAGOGIK

Vom Sams lernen

Wer schon immer wissen wollte, was das „Sams“ mit Religion zu tun haben, kann es auf dem Kirchentag vom Autor Paul Maar erfahren. Das Gespräch mit ihm ist Teil des Forums „Kinder – Medien – Religion“.

Nicht nur religiöse Eltern fragen sich, welchen Einfluss der Medienkonsum auf ihre Kinder hat. Was sehen Kinder gerne? Wie verändert der Einsatz von Medien den Unterricht? „Gute Seiten – schlechte Seiten“ heißt zum Beispiel ein Vortrag zu Kinderangeboten im Internet. Der Medienpädagoge Steffen Marklein stellt unter dem Titel „Feuer einstellen“ alternative Computerspiele vor. Medien- und Religionspädagoge Roland Rosenstock beschäftigt sich im Vortrag „Unsere zehn Gebote“ mit religiösen Formaten im Fernsehen und im Internet.

Samstag, 11 Uhr, Gespräch mit Paul Maar, 11 Uhr, Vortrag und Diskussion „Wie verändern die Medien Kindheit, Schule und Religionsunterricht?“, 11 Uhr, Gespräch „Gute Seiten – schlechte Seiten“, 16 Uhr, Vortrag „Unsere zehn Gebote“, 16 Uhr, Vortrag und Diskussion „Feuer einstellen“, Künstlerhaus am Lenbachplatz, Lenbachplatz 8

MISSION

Unterwegs im Namen des Herrn

Wenn der Ruf christlicher Missionare nicht nur unter Kirchenkritikern schon vorher schlecht war, so ist er seit der Berichterstattung über die Ermordung von zwei deutschen Baptistinnen im Jemen miserabel. Dabei hat sich die Arbeit der Missionare seit der Kolonialzeit, als es noch Zwangsbekehrungen und Massentaufen gab, drastisch verändert. Das Bild von ihnen ist mehr oder weniger dasselbe geblieben: Es sind Eiferer und Fundamentalisten, die sich im Auftrage des Herrn wähnen, dabei Zwang ausüben und andere in Gefahr bringen.

Die Podiumsdiskussion „Mission ist Menschenrecht“ soll die Besucher des Kirchentages über die heutige Hauptbeschäftigung von Missionaren informieren. Denn sie arbeiten in erster Linie nicht mehr als Menschenfischer, sondern als Entwicklungshelfer. Der Steyler Missionsorden wirbt für ein positives Verständnis von Mission, durch die Menschen die christliche Nächstenliebe oder die Gleichberechtigung von Mann und Frau entdecken könn- ten.

Auf dem Podium diskutieren unter anderem Günter Nooke, der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Hofago Kaia vom Nordelbischen Zentrum für Weltmission und Kirchlichen Weltdienst, und der Missionswissenschaftler Jürgen Lohmayer.

Samstag, 14 Uhr, Podiumsdiskussion „Mission ist Menschenrecht“, Gasteig, Black Box, Rosenheimer Str. 5