Wahlrecht : Beute der Parteien
Der Plan der CDU, das per Volksentscheid beschlossene Wahlrecht zu ändern, zeigt einmal mehr, wie schwer sich zumindest die großen Parteien mit dem Bürgerwillen tun. Sie sind misstrauisch, respektlos und machtversessen.
Kommentarvon Gernot Knödler
Die Volksparteien halten die Hamburger für dumm, weil sie angeblich einen Wahlmodus nicht handhaben können, der in anderen Ländern üblich ist. 60 Jahre nach Kriegsende trauen sie ihnen noch immer nicht zu, dass sie westliche zivilisatorische Standards einhalten, wenn sie selbst entscheiden dürfen.
CDU und SPD sind so respektlos, ein Volksgesetz zu kassieren, dessen Wirkung sie unmöglich besser vorhersehen können als die Wahlrechtsinitiative. Viel Expertise ist ins neue Wahlrecht geflossen. Es sollte zumindest ausprobiert werden.
Verständlich ist, dass Leute Einfluss haben wollen, wenn sie sich politisch engagieren, womöglich zusätzlich zu ihrem Brotberuf und ihren übrigen Verpflichtungen. Dass sie deswegen auf jeden noch so kleinen Stadtteil-Verfügungsfonds die Hand legen und die Posten in den öffentlichen Unternehmen unter sich aufteilen, geht zu weit.
„Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit“, steht im Grundgesetz. Dass alle Willensbildung durch die Parteien vermittelt werden müsse, steht dort nicht.