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Archiv-Artikel

WM sorgt für Filmriss

Mehrere Freiluftkinos verschieben ihre Eröffnung bis weit in den Sommer. Der Grund: Man befürchtet Besuchermangel während der Fußball-WM. Schon 2005 waren die Zuschauerzahlen sehr niedrig

Von Kays Al-Khanak

Kinogänger haben zur Fußball-WM keine guten Karten. Mehrere Berliner Open-Air-Kinos, die eigentlich Mitte Mai traditionell öffnen, starten erst nach dem Megaereignis im Juli. Das Programmkino Arsenal am Potsdamer Platz wird während der WM sogar ganz schließen. Statt Filmen stehen dort Renovierungsarbeiten auf dem Programm. Die Freiluftkino-Betreiber drücken noch andere Sorgen: Nach einer schlechten finanziellen Bilanz 2005 befürchten sie, auch in der neuen Spielzeit Einnahmeeinbußen hinnehmen zu müssen.

Eines der größten Open-Air-Kinos in Berlin befindet sich auf der Museumsinsel vor der alten Nationalgalerie. „Wir hatten im Durchschnitt 250 Besucher pro Tag“, sagt der Programmgestalter Karsten Goerlitz vom Berliner Insel-Film. Damit sich der Abend rentiere, brauche er dreimal so viel. Schuld daran sei das schlechte Wetter sowie die schiere Masse an Freiluft-Kinos in der Stadt. Für die Fußball-WM hat er sich etwas Besonderes ausgedacht: „Ich ignoriere sie als Ereignis.“ Seine Planungen richten sich dennoch komplett nach den Kickern: Filme zeigt Goerlitz erst ab dem 6. Juli. „Es wird ein Überangebot an Veranstaltungen geben“, prophezeit er. Jeder wolle Geschäfte mit dem Sportereignis machen – und da werde er sich nicht einreihen.

Gerhard Groß ist Medienunternehmer und Geschäftsführer von Timebandits. Unter seiner Regie steht das Open-Air-Kino Hasenheide im Volkspark Neukölln. 800 Besucher finden dort Platz. „Wenn die WM beginnt, wird es finanziell für uns noch schlechter laufen“, glaubt er und belegt das Sportereignis mit allerlei Flüchen. 13.000 Besucher kamen 2005 in sein Kino – die niedrigste Zahl seit Jahren. „Wir sprechen bei 20.000 Besuchern von einer guten Saison“, so Groß.

Dennoch hat er den Pachtvertrag mit dem Bezirksamt Neukölln um fünf Jahre verlängert. Der Grund: „Ich bin Lokalpatriot“, sagt Groß. Er wohnt in Sichtweite des Volksparks, in dem das Kino aufgebaut ist. „Ich mache mir Sorgen, wenn ich sehe, wie dort alles verkommt und das Image von Neukölln immer schlechter wird.“ Eröffnet wird die Saison am 24. Mai mit dem Gewaltdrama „Knallhart“ – laut Groß „der Film für Neukölln“.

Anders das Freiluftkino Insel: Mit der WM will Betreiberin Andrea Stosiek nichts zu tun haben. Deswegen verschiebt sie den Saisonbeginn auf den 29. Juni. Auch sie hat keine guten Erinnerungen an das vergangene Jahr. Zwar nennt Stosiek keine genauen Zahlen; sie erklärt aber auf Nachfrage: „Wir hatten rund 50 Prozent Zuschauerrückgang.“ Dafür sei nicht nur das Wetter ausschlaggebend gewesen. „Es lag auch am Programm und an der Konkurrenz.“ Ein weiteres Problem: Es sei weniger Geld da – „vor allem für einkommensschwache Gruppen, denen wir ermäßigte Karten verkaufen. In dieser Preiskategorie habe man den größten Rückgang an Karten zu verzeichnen.

Weitgehend unbeeindruckt zeigt sich dagegen der Filmverleih Pifflmedien, der zwei Freiluftkinos organisiert: im Friedrichshainer Volkspark und in Kreuzberg neben dem Künstlerhaus Bethanien. Die WM habe keine Auswirkungen auf das Filmprogramm, sagt Kinobetreiber Louis Schneider. Im Volkspark laufen Filme ab dem 17., am Künstlerhaus Bethanien ab dem 19. Mai. Man werde aber, um Geld zu sparen, weniger Personal einstellen. Denn auch Schneider mosert über die Besucherzahlen von 2005: „Wir hatten in Friedrichshain 41.000 und in Kreuzberg 14.000 Besucher – das sind keine guten Zahlen.“ Im Vergleich: 2003 kamen 70.000 Besucher nach Friedrichshain, 15.000 nach Kreuzberg.