Krach in Kataloniens Kabinett über Autonomie

Mit der Entlassung von sechs linken Ministern ist die katalanische Regierungskoalition vorerst am Ende

MADRID taz ■ Die Regierungskoalition in Katalonien ist zerbrochen. Ausgerechnet am Tag, nachdem das neue Autonomiestatut für die Region rund um Barcelona auch in der zweiten Kammer des spanischen Parlaments, dem Senat, angenommen wurde, stolperte der Chef der Autonomieregierung, der Sozialist Pascual Maragall, über dieses „wichtigste Projekt der Legislaturperiode“. Die Linksnationalisten der Republikanischen Linken Kataloniens (ERC) hatten das Statut nicht anerkannt, nachdem es in Madrid abgeschwächt worden war – daraufhin sah sich Maragall gezwungen, die sechs Minister aus den Reihen der ERC zu entlassen.

Zwar schreibt das Autonomiestatut auch weiterhin mehr steuerrechtliche und verwaltungsmäßige Freiheiten für Katalonien fest und nennt die Region erstmals „Nation“, doch dies ist der ERC zu wenig. Im Senat enthielten sie sich der Stimmen, so dass der Text mit knapper Mehrheit angenommen wurde. Hätte ERC dagegen gestimmt, wäre das Statut durchgefallen.

Dieser Freundschaftsdienst jedoch ist Maragall zu wenig. Denn die ERC hat bereits angekündigt, bei der bevorstehenden Volksabstimmung über das neue Statut für ein „Nein“ zu werben. Das „verletzt die Interessen Kataloniens“, werfen Maragalls Sozialisten den Linksnationalisten vor. Noch vor Jahresende sollen Neuwahlen angesetzt werden.

„Ein schwerer politischer Fehler für die Gegenwart und die Zukunft“ sei dies, beschwert sich der ERC-Vorsitzende Josep Lluis Carod- Rovira. Er kündigte an, dass er sich zwar auch nach den Neuwahlen eine Koalition wie bisher mit Sozialisten und den Postkommunisten der Initiative für Katalonien (IC) vorstellen könne, aber „zu neuen Bedingungen“. Carod-Rovira lehnte das Angebot Maragalls ab, die Minister zu entlassen und die 200 hohen Bediensteten aus den Reihen der ERC zu behalten. Maragall wollte mit diesem Vorschlag die ERC dazu bewegen, eine verhaltene Kampagne gegen das Statut zu führen.

Maragall steht vor einem Problem. Nicht nur die Neuwahlen sind für ihn ein Spiel mit ungewissem Ausgang, sondern auch das Referendum um das Statut, das am 18. Juni stattfinden soll. Neben der ERC ist auch die konservative Volkspartei gegen den Text – ihr geht er zu weit. Außerdem muss Maragall mit der Unzufriedenheit aus den eigenen Reihen rechnen. Längst nicht alle Wähler seiner Sozialisten sind von seinen nationalistischen Regierungstönen begeistert.

In Kreisen der Sozialisten machen sich Befürchtungen breit, das Referendum könne wohl nur knapp gewonnen werden. Das käme einer Niederlage gleich. Denn der bisher gültige Text hatte einst 1979 eine Unterstützung von 88 Prozent erhalten.

Die in Madrid regierenden Sozialisten unter José Luis Zapatero versuchen die Krise in Katalonien schönzureden, denn das Statut ist auch ihr Vorzeigeprojekt. „Es ist Maragalls Entscheidung“, erklärte gestern ein Parteisprecher zum Rausschmiss der ERC- Minister. Dennoch mögen auch hier nur noch wenige den Optimismus des Regierungschefs Zapatero teilen. Dieser hatte noch am Vorabend des Bruchs der katalanischen Autonomieregierung seiner Zufriedenheit über ein Statut Ausdruck verliehen, „das gut für Katalonien und gut für Spanien ist“. Der Sprecher der konservativen PP in Madrid erklärte hingegen „den Reformprozess des Statutes für gescheitert“. REINER WANDLER