Dollar im Sinkflug

Zins-Erwartungen treiben den Euro-Kurs hoch

BERLIN taz ■ Der Euro kennt scheinbar nur eine Richtung: nach oben. Der Grund: Investoren spekulierten auf ein baldiges Ende der Zinserhöhungen in den USA, während im Euroraum wohl künftig höhere Zinsen locken dürften.

Am Mittwoch hatte die US-Notenbank Fed ihre Leitzinsen noch einmal auf jetzt 5 Prozent erhöht. Zugleich hatten Marktteilnehmer auf einen klaren Hinweis gehofft, dass die Zinssteigerungen bald ein Ende nehmen. Der blieb allerdings aus. Weitere Straffungen der Geldpolitik könnten notwendig sein, wenn auch vielleicht noch nicht auf der nächsten Sitzung Ende Juni, hieß es von der Fed. „Höhe und Zeitpunkt einer solchen Straffung werden stark von der Entwicklung der Wirtschaftsaussichten abhängen.“ Die plötzliche Unsicherheit machte sich auf den Devisenmärkten bemerkbar: Gestern bewegte sich der Eurokurs deutlich unter den 1,28 Dollar vom Mittwoch.

Nach seiner anfänglichen Schwäche hatte der Euro 2004 seinen bisherigen Höchststand von 1,36 Dollar erreicht. Einige Experten halten eine solche Höhe für erneut möglich. Das liegt unter anderem daran, dass sich das hohe Wirtschaftswachstum in den USA – 4,8 Prozent im ersten Quartal – verlangsamt. Darauf weist auch die Fed in ihrem Statement hin. Dann aber werden Investoren und Spekulanten mehr Anlagen im Euroraum nachfragen, wo die Prognosen ermutigender sind.

Ein weiterer Grund für ein weiteres Absacken des Dollarkurses ist das US-Handelsbilanzdefizit. Damit die US-Wirtschaft auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähig wird, müsse der Dollar um bis zu 40 Prozent abgewertet werden, sagte Harvard-Ökonom Martin Feldstein.

Was ist die Folge für die Europäer? Touristen auf Amerikareise können sich freuen, ihre Euro sind mehr wert. Unternehmen, die von Importen abhängen, geht es genauso. Aber exportieren wird schwerer, wenn die Eurowaren immer teurer werden – und sich die Amerikaner wegen ihrer schwächelnden Währung immer weniger Importe aus Europa leisten können. Im März sind die deutschen Exporte um 3,2 Prozent gegenüber dem Vormonat zurückgegangen.

Die US-Regierung hat jedoch andere Sorgen. Sie legt es derzeit bewusst auf eine Schwächung des Dollar an – in erster Linie gegenüber dem chinesischen Yuan. Würde die chinesische Währung endlich teurer, dann würde nämlich vielleicht auch das enorme Handelsbilanzdefizit der USA mit China ein wenig schrumpfen. Doch zur Enttäuschung der US-Wirtschaft stellte das Finanzministerium fest, China habe sich keiner bewussten Wechselkursmanipulation schuldig gemacht. Damit dürfte es wohl keine Handelssanktionen geben. NICOLA LIEBERT