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Archiv-Artikel

WASG zieht gegen sich selbst vor Gericht

Die beiden geschassten Landesvorstände der Wahlalternative wollen ihre Parteiführung verklagen

BERLIN taz ■ Der Machtkampf in der WASG setzt sich vor dem Richter fort: Die abgesetzten Landesvorstände von Berlin und Mecklenburg-Vorpommern kündigten gestern an, unverzüglich beim Bundesschiedsgericht der Partei gegen ihre Entmachtung vorgehen zu wollen.

Die Amtsenthebung durch den Bundesvorstand sei satzungs- und gesetzwidrig gewesen, sagte der Anwalt der geschassten Berliner Landesspitze, Hans-Joachim Ehrig. Deshalb sei er zuversichtlich, dass das Schiedsgericht „diesen Unsinn beseitigt“. Andernfalls werde man notfalls beim Berliner Landgericht gegen die Ordnungsmaßnahme klagen.

Um die Alleingänge der WASG in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern bei den Wahlen im September zu verhindern, hatte der Bundesvorstand der Partei am Wochenende die kompletten Landesvorstände ihrer Ämter enthoben. Ob die Bundespartei damit die Kandidaturen der WASG in Konkurrenz zur Linkspartei noch stoppen kann, ist allerdings unklar. Bis morgen kann die Wahlanzeige beim Berliner Landeswahlleiter rückgängig gemacht werden. Der von der Bundesspitze eingesetzte kommissarische Landeschef Hüseyin Aydin kündigte diesen Schritt für Mittwoch an.

Auch die Fusionsbefürworter in der WASG rechnen damit, dass letztlich Richter entscheiden müssen, ob der Bundesvorstand die Alleinantritte einzelner Landediesverbände bei den Wahlen im Herbst blockieren darf. Wie die Gerichte entscheiden, darüber gibt es derzeit nur Spekulationen: „Das ist ein einmaliger Vorgang in der bundesdeutschen Parteiengeschichte, für den es keinen Präzedenzfall gibt“, räumte der Berliner WASG-Anwalt Ehrig ein. „Und natürlich gibt es bei zwei Juristen immer mindestens drei Meinungen.“

Die Verantwortlichen sollten sich aber der Tragweite des Falls bewusst sein, sagte Ehrig: Wenn die WASG nicht antreten dürfe, drohe eine Anfechtung der Wahl.

Weitere Turbulenzen sind auch von einem außerordentlichen Landesparteitag zu erwarten, den der abgesetzte Vorstand für heute Abend in Berlin einberufen hat. Die Parteirebellen wollen sich dort von den Delegierten das Vertrauen für die Fortsetzung des bisherigen Kurses aussprechen lassen. Welches Gewicht diese Voten haben werden, ist ebenfalls umstritten.

Der neue Berlin-Beauftragte der WASG wollte sich gestern noch nicht festlegen, ob er an dem Parteitag teilnimmt. Bisher, sagte Aydin der taz, habe ihn noch niemand dazu eingeladen.ASTRID GEISLER