Medikamentencocktail im Schweinestall

FLEISCH Massentierhaltung macht krank: Der Verbrauch von Antibiotika in deutschen Ställen sinkt kaum

BERLIN taz | Bei der Massentierhaltung setzen Deutschlands Tierärzte auf den flächendeckenden Einsatz von Antibiotika. Zwar sank der Verbrauch 2012 im Vergleich zum Vorjahr um 87 Tonnen. Trotzdem kamen in den Ställen bundesweit immer noch 1.619 Tonnen der Medikamente zum Einsatz, meldete das Bundesamt für Verbraucherschutz am Montag.

Humanmediziner und Verbraucherschützer warnen seit langem, der Antibiotika-Einsatz in der Massentierhaltung fördere die Herausbildung multiresistenter Erreger, gegen die irgendwann kein Medikament mehr helfen könnte. Trotzdem wird ausgerechnet die Wirkstoffklasse der Fluorchinolone, die bei Menschen als Antibiotika-Reserve verwendet wird, immer öfter auch in Ställen eingesetzt: Ihr Verbrauch verfünffachte sich von zwei auf zehn Tonnen.

Grund für den Medikamenteneinsatz sind die artfremden Haltungsbedingungen in der Massentierhaltung: In der Schweinemast etwa werden Tausende Tiere auf engstem Raum zusammengepfercht. Entzündungen oder Durchfallerkrankungen breiten sich schnell aus – und viele Mäster kontern mit massivem Antibiotika-Einsatz.

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), die Biobauern und konventionelle Landwirte vertritt, fordert deshalb ein „Stall-Umbauprogramm“: Die Nutztierhaltung müsse auf „mittelständisch-bäuerliche Größenordnungen mit mehr Platz, Stroh und zumindest beschränktem Auslauf der Tiere“ beschränkt werden, so der niedersächsische AbL-Vorsitzende Ottmar Ilchmann. Ein Großteil der in der Tiermast verbrauchten Antibiotika geht nach Niedersachsen.

Europaweit werden nur in Zypern, Italien und Spanien mehr Antibiotika an Tiere verabreicht als in Deutschland. Wie der Spiegel berichtet, werden in der Bundesrepublik 211 Milligramm der Medikamente pro Kilo behandeltes Schlachtvieh verkauft – im benachbarten Dänemark sind es nur 43 Milligramm. WYP