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Archiv-Artikel

Slowenien darf den Euro einführen

Die ehemalige jugoslawische Republik hat sich mit behutsamen Wirtschaftsreformen zum Musterland entwickelt

SARAJEVO taz ■ Als der Journalist Ervin-Hladnik-Milharcic 1991 am Vorabend der Unabhängigkeitserklärung Sloweniens eine große Jugoslawien-Abschiedsparty feierte, richteten die Gäste den Blick schon in die Zukunft. „In ein paar Jahren werden wir in der EU sein“, hofften sie. Dieser Wunsch ist für das Zweimillionenvolk in Erfüllung gegangen. Und jetzt ist das Land sogar dabei, als Erstes der zehn neu in die EU aufgenommenen Mitglieder die Gemeinschaftswährung einzuführen. Am 1. Januar 2007 soll es so weit sein.

Die Musterrepublik des einstigen Jugoslawiens hat sich im letzten Jahrzehnt zum Musterland Europas entwickelt. Die Wirtschaft wächst um durchschnittlich 4 Prozent. Der Lebensstandard ist mit 80 Prozent der Alt-EU-Länder weit höher als bei den anderen Beitrittsstaaten, die Arbeitslosenrate niedrig. Die Inflation liegt mit 2,3 Prozent unter den Anforderungen der Maastricht-Kriterien, nach denen die Preissteigerungsrate im Beitrittsland nicht mehr als 1,5 Prozentpunkte über denen der stabilsten Länder liegen darf. Eurostat schätzt die Inflation in der Eurozone derzeit auf etwa 2,4 Prozent. Ohnehin ist das Land bereits Nettozahler in der EU.

Der Erfolg Sloweniens kommt nicht überraschend. Denn schon im alten Jugoslawien erarbeitete die damalige Republik fast ein Viertel des Exports, obwohl sie nur ein Zehntel der Bevölkerung stellte. Hauptgüter waren damals landwirtschaftliche Produkte, Kühlschränke, Haushaltswaren,Textilien und Maschinen. Einer der Gründe für die damaligen Unabhängigkeitsbestrebungen war die Tatsache, dass absehbar war, dass sich die Wirtschaft unter den Bedingungen des alten Jugoslawiens nicht weiter entwickeln konnte. Die Slowenen galten schon damals als die „Deutschen“ Jugoslawiens – als fleißig und gut ausgebildet.

Der Erfolg der letzten Jahre hat mehrere Gründe: So hat das Land sein Bildungswesen so modernisiert, dass es sich heute mit Finnland messen kann.

Noch wichtiger ist vermutlich die behutsame Umstrukturierung der Wirtschaft. Die Regierung hat sich nicht durch die neoliberalen Vorschläge ausländischer Institutionen beeinflussen lassen. Zwar reformierte sie den nur in Slowenien funktionierenden Selbstverwaltungssozialismus Jugoslawiens. Doch nach wie vor halten die Belegschaften große Teile der Aktien. Die Industrien wurden nicht wie anderswo Hals über Kopf privatisiert. Die Energieversorgung, die Telekommunikation und eine Reihe anderer Firmen sind weiterhin in staatlicher Hand. Die seit 2004 regierende Mitte-rechts-Regierung will allerdings die Privatisierung vorantreiben.

ERICH RATHFELDER