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Archiv-Artikel

Auch Thunfisch jetzt in Käfighaltung

Weil wegen zu starker Befischung immer weniger Thunfische im Mittelmeer schwimmen, sind die Preise gestiegen. Deshalb rentieren sich mittlerweile auch Fischfarmen, in denen Jungtiere gemästet werden. Dabei gehen ökologische Standards baden

In Japan werden für einzelne Thunfische bis zu 20.000 US-Dollar bezahlt

VON BENJAMIN WÜNSCH

In Freiheit rasen sie mit gut 70 Stundenkilometern durch die Ozeane. Doch für tausende Thunfische vor der spanischen Küste hat das Meer enge Grenzen. Seit einigen Jahren boomen dort nämlich die Thunfisch-Farmen. Zu Hunderten werden die bis zu vier Meter langen Fische in Unterwasserkäfigen mit 50 bis 90 Meter Durchmesser eingesperrt und systematisch gemästet. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace ist zurzeit im westlichen Mittelmeer unterwegs, um gegen solche Unterwasserfarmen zu protestieren.

Thunfisch gehört zu den weltweit wichtigsten Speisefischen. Wegen der starken Befischung sind die Bestände jedoch stark zurückgegangen. Entsprechend gestiegen sind die Preise. In Japan, wo der Thunfisch besonders gern gegessen wird, werden für einzelne Exemplare bis zu 20.000 US-Dollar bezahlt.

In den natürlichen Laichgebieten rund um die Balearen werden daher seit einiger Zeit auch junge, nicht vermarktungsfähige Thunfische gefangen, in Unterwasserkäfige gesetzt und groß gefüttert. Bis zu 200 Kilo schwer werden die Tiere, dafür fressen sie etwa die zwanzigfache Menge an Futterfischen.

Diese werden zum Teil von außerhalb des Mittelmeeres herbeigeschafft, sagt Thilo Maack, Fischerei-Experte von Greenpeace. So eingeschleppte Krankheiten haben bereits mehrfach zum Ausbruch von Seuchen geführt, kritisiert auch der World Wide Fund For Nature (WWF). Zudem werden die Thunfische nicht im eigentlichen Sinne gezüchtet, sondern zunächst im Meer gefangen. „Dadurch verschärft sich der ohnehin schon dramatische Rückgang der Bestände“, warnt WWF-Sprecherin Heike Vesper.

Doch auch die herkömmlichen Fangmethoden stehen seit Jahren in der Kritik: Oft werden mit bis zu 100 Kilometer langen Netzen die Meere durchpflügt. Rund 40 Prozent der Fangmenge sind unnützer Beifang, der wieder über Bord geworfen wird – darunter Delfine, Haie, Schildkröten und Vögel.

Solche Nebenwirkungen bleiben in den „Fisch-Farmen“ natürlich aus. Der Bundesverband der deutschen Fischindustrie und des Fischgroßhandels ist deswegen nicht prinzipiell gegen solche Anlagen. Um auch die Belastung durch Fischkot in Grenzen zu halten, plädiert Verbandssprecher Matthias Keller für die Wahl küstenferner Standorte mit guter Durchflutung. Eine Möglichkeit wären etwa Aquakulturen im Bereich von Off-Shore Windparks.

Für Greenpeace-Experte Maack liegt der „Gipfel des ökologischen Wahnsinns“ allerdings im globalen Handel mit den Fischen. Jeder Deutsche isst im Schnitt gut 1,5 Kilo pro Jahr, insgesamt liegt der Verbrauch bei knapp 127.000 Tonnen. Nur ein geringer Teil davon kommt aus Europa. Neben Schiffsladungen mit Dosen aus den Philippinen, Ecuador und Papua-Neuguinea kommt auch frischer Fisch nach Deutschland, zum Beispiel aus Sri Lanka. Tonnenweise werde diese per Flugzeug nach Deutschland importiert – während der spanische Thunfisch nach Japan fliegt.