: „Internet ist ein Bürgerrecht“
TEILEN Die Freifunk-Initiative will WLAN überall kostenlos verfügbar machen
■ 49, ist zweiter Vorsitzender des 2011 gegründeten Vereins Freifunk Rheinland. Hauptberuflich ist Gutowski als selbstständiger IT-Berater tätig.
taz: Herr Gutowski, in der Hamburger Innenstadt bietet die Telekom ein öffentliches WLAN an, in Pforzheim gibt es ein ähnliches Angebot von regionalen Unternehmen. Können die Freifunker das besser als die Unternehmen?
Reiner Gutowski: Wir können es vor allem anders machen. Unser Netz liegt in den Händen der Bürger und nicht in denen eines großen Konzerns.
Was für einen Unterschied macht das?
Zum Beispiel sammeln wir keine Daten. Es ist ein offenes Netz, bei dem jeder mitmachen kann. Unser Ziel ist, WLAN überall verfügbar zu machen. Schließlich ist Internet ein Bürgerrecht. Und Deutschland hinkt anderen Ländern da um einiges hinterher. In Skandinavien zum Beispiel gibt es mindestens in den Ballungsgebieten eine flächendeckende Versorgung. Aber was häufig vergessen wird: Freifunk ist nicht nur WLAN. Es ist auch eine Art lokales Bürgernetz, unabhängig vom Internet. Da können Leute Inhalte teilen, man kann sich auf einer Facebook-Alternative vernetzen – also im Prinzip das, was die Politik als Reaktion auf die NSA-Überwachung auf nationaler oder europäischer Ebene umsetzen will. Nur eben lokal.
Aber wer sich beteiligt, muss auch Kosten tragen.
Ja, aber nicht viel. Uns ist wichtig, dass auch Menschen mit wenig Geld mitmachen können. Die einzige Voraussetzung ist ein Router, der für 20 Euro zu kriegen ist.
Ein Internetanschluss ist nicht notwendig?
Nein. Zum Beispiel stellen Sie in Ihrer Wohnung einen Freifunk-Router auf und teilen Ihren Internetanschluss. Nun stellt im Nebengebäude jemand einen solchen Router auf, hat aber kein Internet. Dann würde dieser Router Ihren Router erkennen und darüber ins Internet gehen.
Als großes Hemmnis für öffentliche Netze gilt die sogenannte Störerhaftung. Betreiber eines WLAN werden dafür verantwortlich gemacht, was die Nutzer im Netz tun. Die Unterhändler der Großen Koalition haben beschlossen, sie abzuschaffen. Wäre dann alles gut?
Es wäre natürlich ein Schritt in die richtige Richtung. Die Störerhaftung ist einfach widersinnig. Wenn ich jemandem mein Auto leihe und der baut damit einen Unfall, ist er schuld. Wenn ich aber jemandem mein Internet leihe und der macht damit Mist, werde ich in Haftung genommen. INTERVIEW: SVENJA BERGT