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Archiv-Artikel

Zeichen eines Kulturwandels

AUSSTELLUNG Auf das Thema Rassismus folgt die Beschäftigung mit Sexismus und Homophobie: „Tatort Stadion 2“ gastiert in Hamburg – für einen Tag

Mitunter erkennt man die Qualität, die Bedeutung einer Ausstellung auch daran, unter welchen Umständen sie stattfindet. So wie bei „Tatort Stadion 2 – Fußball und Diskriminierung“. Nach der Premiere in Bremen ist die Ausstellung jetzt in Hamburg zu sehen – für einen einzigen Tag.

Fast zehn Jahre ist es her, dass die Vorläuferin, „Tatort Stadion“ erstmals zu sehen war. In fünf Jahren bereiste sie 200 Orte der Republik, leistete Pionierarbeit – und sorgte stets für Wirbel. Weil sie nicht nur den Rassismus und Nationalismus in deutschen Fußballstadion zum Inhalt hatte, sondern auch den in den Verbänden. Zum Ärger des Deutschen Fußballbundes (DFB) wurden unter anderem Zitate des seinerzeitigen Präsidenten Gerhard Mayer-Vorfelder (CDU) dokumentiert: „Was wird aus der Bundesliga“, hatte der einst gesagt, „wenn die Blonden über die Alpen ziehen und stattdessen die Polen, diese Lesniaks und Furtoks, spielen?“ Oder dass etwas nicht stimme, wenn beim Spiel Bayern gegen Cottbus „nur zwei Germanen in der Anfangsformation stehen“. Der DFB entzog der Ausstellung die Unterstützung und bat seine Mitgliedsvereine, das auch zu tun. Und die folgten.

Inzwischen, sagt Thomas Hafke, Sozialwissenschaftler und Leiter des Fanprojekts Bremen, habe ein „Kulturwandel begonnen“. Mayer-Vorfelder, sagt er, „das ist Schnee von gestern“. In der Tat hat der Fußball, auch der offizielle, manches unternommen, um den Rassismus in den Stadien einzudämmen. Und in der 1. Liga hat sich aus Hafkes Sicht „vieles geändert“.

In den unteren Ligen sieht das anders aus. Gut, die Polizei in Bremen hatte damals noch immer zwei Beamte abzustellen, um die Ausstellung gegen Angriffe zu schützen. Auch jetzt habe man ein paar Rechte der Tür verweisen müssen, sagt Hafke. Aber die Unterstützung seitens des DFB ist so selbstverständlich wie die durch Werder Bremen.

Aber auch das ist Teil des Kulturwandels: Bei „Tatort Stadion 2“ geht es nicht mehr in erster Linie um Rassismus und Nationalismus. Vielmehr haben die Ausstellungsmacher vom „Bündnis Aktiver Fußballfans“ Sexismus und Homophobie in den Mittelpunkt gerückt.

Da werden Torhüter wie Sascha Kirschstein von Rot Weiß Ahlen angegriffen, der jüngst nach einer Niederlage gesagt hat, seine Mannschaft habe „wie Muschis“ gespielt. Oder Stadionsprecher wie jener aus Saarbrücken, der am Frauentag die Gäste mit dem Satz: „Liebe Frauen, das Grüne da unten ist der Rasen“ begrüßte. Oder Vereine, die Frauen als eigene Spezies behandeln – eine, der man statt Vereinsfarben lieber Pastelltöne anbietet.

Daneben wird in einem Filmbeitrag DFB-Chef Theo Zwanziger gefeiert, weil er den Kampf gegen Homophobie nicht nur zur „Chefsache“ gemacht habe, sondern das „auch so meint“, wie eine Aktivistin attestiert. JAN ZIER

Pfingstsonntag, 11–19 Uhr, beim Vereinsfest des FC St. Pauli, Hamburg, Heiligengeistfeld. Infos: http://tatortstadion.blogsport.de