Dortmund kämpft gegen Neonazi-Netzwerk

Das Dortmunder Geschäft „Donnerschlag“ hat sich zum Treffpunkt für Neonazis aus dem Ruhrgebiet entwickelt. Bezirksvertreter wollen nun dagegen vorgehen. Auch andere rechtsextreme Aktivitäten werden beobachtet

DORTMUND taz ■ Dortmunder Bürger wollen den Aufbau eines Neonazi-Netzwerks in ihrer Stadt verhindern. Das „Bündnis Dortmund gegen Rechts (BgR)“ will aus diesem Grund morgen mehr als 1.500 Unterschriften in den Stadtrat einbringen. Im Mittelpunkt steht dabei der Neonaziladen „Donnerschlag“ in der westlichen Innenstadt. „Der Laden dient als Treffpunkt der rechtsextremen Szene des östlichen Ruhrgebiets“, sagte ein BgR-Sprecher. Adressat der Unterschriftenliste ist Ratsherr Norbert Schilff (SPD). „Wir werden alle Möglichkeiten prüfen, den Laden zu schließen“, sagte Schilff.

Die Fraktionen von SPD und Grünen in der Bezirksvertretung Innenstadt-West hatten bereits im August vergangenen Jahres eine Resolution unter dem Namen „Ladenschluss für Donnerschlag“ verabschiedet. Die Resolution wurde Anfang Februar dieses Jahres vom Rat der Stadt Dortmund übernommen.

„Wir haben den Laden über mehrere Monate beobachten lassen und dabei festgestellt, dass er ein wichtiger Bestandteil des rechtsextremen Netztwerkes für die Region Dortmund, Hamm und Witten ist“, sagt Manfred Krüger-Sandkamp (Grüne), Stellvertretender Bezirksvorsteher der Innenstadt-West. Im Laden sei der Überfall auf den alternativen Szeneladen Hirsch Q von vor zwei Wochen geplant worden. Außerdem würden dort einschlägige Kleidung, Bücher oder CDs verkauft. Auf einem der T-Shirts prangt der Slogan: „Dortmund ist unsere Stadt“. Die Aktivisten der neonazistischen „Kameradschaft Dortmund“, Dennis Giemsch und Siegfried „SS Siggi“ Borchardt, fühlen sich in „ihrer Stadt“ nach eigenen Angaben „wohl“ und „unbelästigt“. Zahlreiche Aufmärsche in den vergangenen Monaten und Jahren sprechen dafür. Dennoch sieht der Verfassungsschutz keien Grund zur Panik: „Wir haben keinerlei Erkenntnisse über massenhafte Zuzüge nach Dortmund“, heißt es dort.

Details verraten etwas anderes. Auf der gegenüberliegenden Seite des „Donnerschlags“ eröffnete im vergangenen Jahr ein Tattoo-Laden. Mieterin ist Anke Salterberg, Gelsenkirchener Direktkandidatin der NPD für die Bundestagswahl 2005. Nebenan wollte ihr Freund Björn Benjamin Thom die leer stehende Kneipe „Zum Treppchen“ mieten. Thom kandierte bei der letztjährigen Landtagswahl auf der Landesliste der NPD. Die Bezirksvertretung konnte die Vermieter allerdings davon überzeugen, dass sie die Kneipe nicht an Neonazis vermieten sollten. „Die Leute sehen das mit einem lachenden und einem weinenden Auge“, sagt Krüger-Landkamp. In der Innenstadt West gebe es einen hohen Leerstand an Wohnungen und die Leute seien auf die Mieteinnahmen angewiesen. „Wir versuchen sie trotzdem aufzuklären, worauf sie beim Abschluss eines Vertrages achten sollen.“

Beim Vermieter des „Donnerschlags“ hat dies gefruchtet. Beim Amtsgericht Dortmund ist eine Räumungsklage gegen den Mieter Andreas Obach anhängig. „Wir hoffen, dass die Klage nicht beim Landgericht landet“, sagt Krüger-Landkamp, dann dürfte sich die Sache bis zum Ablauf des Mietvertrages hinauszögern. Und der endet im Februar 2008.

Genug Zeit für die extrem Rechte in Dortmund nach einem neuen Standort umzusehen. Der „Donnerschlag“ war Nachfolgeprojekt des Anfang 2005 geschlossenen „buy or die“, ehemals „buy or die 88“. 88 steht hier für „HH“ = „Heil Hitler“. Ein eindeutiges Statement. Und für Samstag hat die extreme Rechte eine Gegendemo zu einer Kundgebung des BgR geplant. Das Motto der Rechten lautet: „Schöner leben mit Naziläden.“

HOLGER PAULER