: Wiederaufbau des Romamahala
betr.: „Schwere Vergiftung dank UN-Verwaltung“, taz vom 12. 5. 06
Die Information (Marcia Poole, Sprecherin der UN-Mission), wonach die UNMIK zurzeit mit Hochdruck am Wiederaufbau des Romamahala (Romaviertel) im Süden von Kosovska Mitrovica arbeitet, ist schlichtweg falsch: Am 25. April wurde lediglich der Grundstein für den Bau von zwei Apartmenthäusern für je zwölf Familien sowie von 57 Einfamilienhäusern gelegt.
Im Mahala lebten vor seiner Plünderung und Zerstörung durch albanische Nachbarn mehr als 8.000 Menschen. Nach Angaben der Diasporaverbände standen dort mehr als 1.100 Häuser. Außerdem verfügte das Viertel über eine eigene Infrastruktur mit mehreren Schulen, einer Polizeidienststelle und einer Zweigstelle der Gemeinde. Zwar sieht das „Rückkehr ins Mahala“-Projekt, das von verschiedenen internationalen Organisationen und der UN-Zivilverwaltung im Kosovo getragen wird, langfristig den Bau von bis zu 750 Häusern und Wohnungen vor, die bis zu 4.000 Personen aufnehmen sollen, doch selbst für den eben begonnenen ersten Bauabschnitt fehlen noch die Gelder. Bisher hat die UNMIK knapp die Hälfte der von ihr veranschlagten 8 Millionen Euro für das Projekt zusammen, und auch hier handelt es sich meist nur um Zusagen.
Außerdem leidet das Projekt an mehreren Schönheitsfehlern: Die Planungen wurden um drei Jahre verzögert, weil die albanische Stadtverwaltung auf dem „in bester City-Lage“ gelegenen Gelände ein Einkaufszentrum und Freizeiteinrichtungen errichten wollten, zusätzlich zu ein paar Wohnungen, die sie eventuell auch einigen der ehemalige BewohnerInnen des Viertels bereitstellen wollte. Das derzeitige Abkommen mit der Stadtverwaltung bezieht sich lediglich auf das oben beschriebene Bauprojekt, das auf einem Grundstück am Rande des Mahala realisiert wurde, sodass das Schicksal des eigentlichen Mahala nach wie vor im Unklaren liegt.
Die ehemaligen BewohnerInnen wurden nicht in die Planungen mit einbezogen. Einige Bewohner wurden Zeuge, wie die Reste ihrer Wohnhäuser von Nato-Soldaten zertrümmert wurden, ohne dass eine Genehmigung hierzu vorlag. Da viele ehemalige BewohnerInnen des Mahala erhebliche Sicherheitsbedenken äußern, in ein Gebiet zurückzukehren, das nach einer möglichen administrativen Teilung Kosovos oder Kosovska Mitrovicas im albanischen Süden der Stadt liegen wird, besteht Anlass zur Vermutung, dass das derzeitige Wiederaufbauprojekt seinen ehemaligen Bewohnern nie zugute kommen wird.
All diese Faktoren lassen den Eindruck entstehen, dass es sich beim so genannten Wiederaufbau des Mahala um eine Art symbolischer Wiedergutmachungsaktion gegenüber Kosovos Romabevölkerung handelt –an deren Vertreibung die „internationale Gemeinschaft“ Mitschuld trägt – und dass gleichzeitig das Terrain für bevorstehende Abschiebungen vorbereitet wird, indem der Öffentlichkeit suggeriert wird, dass in Kosovo alles darauf wartet, die Flüchtlinge aufzunehmen. KARIN WARINGO, Brüssel