: Kein Kredit für umstrittenes AKW
Commerzbank: Finanzierung für bulgarisches AKW Belene sei derzeit kein Thema
BERLIN taz/rtr ■ Die Commerzbank wird das umstrittene Atomkraftwerk Belene in Bulgarien vorerst nicht finanzieren. Bankchef Klaus-Peter Müller sagte gestern auf der Hauptversammlung, dass das Thema Belene „derzeit nicht relevant“ sei. Damit reagierte Müller auf die Kritik von Umweltorganisationen und dem Dachverband der kritischen Aktionäre: Sie hatten auf der Hauptversammlung Presseberichte aus Bulgarien zitiert, nach denen die Commerzbank ein Interesse daran hätte, Belene zu finanzieren. Ein Sprecher der Commerzbank wies gegenüber der taz darauf hin, dass bisher auch gar keine Kreditanträge für Belene vorliegen würden.
1985 begann der Bau des Kraftwerks an der Donau, wurde aber 1992 wegen Umweltprotesten und mangelnder Wirtschaftlichkeit gestoppt. Doch nun ist das Belene-Projekt wieder aktuell, weil Bulgarien im Rahmen der EU-Beitrittsverhandlungen zugesagt hat, zwei veraltete Reaktoren im benachbarten Atomkraftwerk Kosloduj bis Ende 2006 stillzulegen. „Der geplante russische Reaktortyp in Belene wäre in Deutschland nicht genehmigungsfähig und die Umweltverträglichkeitsprüfung ist unvollständig und manipuliert“, kritisiert Jan Haverkamp, Atomexperte von Greenpeace. Der Standort sei zudem erdbebengefährdet: 1977 kamen bei einem schweren Beben in der Region 200 Menschen ums Leben.
Von Januar bis März erreichte die Bank mit einem operativen Gewinn von 959 Millionen Euro ihr bislang bestes Ergebnis in einem ersten Quartal. 2005 hatte der Gesamtgewinn 1,1 Milliarden Euro betragen – und sich damit gegenüber 2004 verdreifacht. Bis 2010 soll die Eigenkapitalrendite auf 15 Prozent steigen. Es wurde nichts darüber bekannt, ob dies auch durch Personalabbau erreicht werden soll.
Ein Ermittlungsverfahren gegen Bankchef Müller wegen des Verdachts der Geldwäsche wurde gestern eingestellt. Bei der Privatisierung russischer Telekommunikationsfirmen waren in den 1990er-Jahren kriminelle Gelder durch Scheinfirmen gewaschen worden. Müller war damals für das Osteuropageschäft der Commerzbank verantwortlich, hatte aber stets bestritten, die Vorgänge gekannt zu haben. Wie die Staatsanwaltschaft gestern erklärte, „greift der Vorwurf der Geldwäsche grundsätzlich nur dann, wenn der Beschuldigte weiß, dass von ihm betreute Gelder aus illegalen Transaktionen stammen“. Gegen elf andere Beschuldigte laufen die Ermittlungen weiter; dazu gehören Angestellte der Commerzbank.
BENJAMIN WÜNSCH