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Archiv-Artikel

Riesenflieger über Berlin

Der neue A380 ist der Star auf der Internationalen Luftfahrtausstellung (ILA) auf dem Flughafen Schönefeld. Hoher Besucherandrang beim ersten Publikumstag der Messe

Um 12.58 Uhr ist es so weit: Der neue Airbus 380, das größte Passagierflugzeug der Welt, setzt sich auf dem Flughafen Schönefeld in Bewegung. Zehntausende Besucher der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) verfolgen dicht gedrängt an den Absperrzäunen jede Bewegung des weiß-blauen Riesen. Der A380, das erste komplett doppelstöckige Passagierflugzeug der Welt, mit dem die westeuropäische Luftfahrtindustrie der US-amerikanischen Boeing Konkurrenz machen will, ist der Star der diesjährigen ILA.

Ihn abheben zu sehen, müssen sich die Schaulustigen aber noch ein wenig gedulden. Während der A380 langsam auf die Startbahn zurollt, betreibt die Bundeswehr Imagepflege. Sie simuliert die Evakuierung einer deutschen Botschaft aus einem Krisengebiet. Beteiligt daran: vier Kampfhubschrauber und zwei Transportmaschinen, die in einem extrem steilen Winkel landen können. „Das hätte ja auf einem Fußballplatz sein können“, ruft eine junge Frau ihrem Freund begeistert zu.

Wenig später – es ist jetzt 13.24 Uhr – wird es auf dem Ausstellungsgelände schlagartig still. Der A380 rollt an, startet problemlos – und zieht ein paar Kreise über den Schaulustigen. Das Flugzeug ist relativ leise und erstaunlich wendig, ansonsten aber eher wenig spektakulär: ein großes Fluggerät eben. Knapp 10 Minuten bleibt der Airbus in der Luft. Nach der Landung klatscht das Publikum nicht, man beeilt sich, vor den anderen an einen Imbissstand oder auf die Toilette zu kommen.

Nach dem großen Auftritt machen sich einige auch gleich auf dem Heimweg – und erleben am Hauptausgang eine böse Überraschung. Die Zubringerbusse zum S-Bahnhof Schönefeld würden von hier aus nicht starten, belehrt ein Busfahrer die Ausstellungsbesucher, die immerhin 15 Euro Eintritt für die Schau hingeblättert haben. „Da müssen Sie zu dem Eingang gehen, an dem Sie reingekommen sind.“ Dass dies einen mehrere hundert Meter langen Fußmarsch durch überfülltes Ausstellungsgelände bedeutet, interessiert ihn nicht. Schließlich erbarmt sich ein anderer Fahrer, verspricht den Dutzenden Wartenden, am Bahnhof anzuhalten, obwohl dies nicht seine Route sei.

Der A380, der auch heute und morgen abheben wird, lockte die Besucher gestern, am ersten Publikumstag, zur ILA wie frischer Rhabarberkuchen die Kunden zum Kiezbäcker. Gestern kamen 42.000 Besucher zur größten deutschen Airshow nach Schönefeld, 8.000 mehr als vor zwei Jahren, berichtet Messedirektor Stefan Grave. 340 Fluggeräte gibt es auf der ILA zu bewundern.

Eines davon ist ein alter Militärhubschrauber, vor dem ein junger, uniformierter Mann vom Lufttransportgeschwader 61 posiert. Robert „Pharao“ Jemiller steht an seinem Revers, und er gibt einem hessischen Familienvater bereitwillig Auskunft, welche neuen Techniken Kampfhelikopter benötigten. „Navi ist schön und gut“, wendet der Besucher ein, „aber was ist, wenn die mal ausfällt?“ Mit der Karte auf den Knien zu fliegen sei ja auch keine Alternative, wird die Fachsimpelei fortgesetzt. Nebenbei kassiert der Sohn des Hessen einen Rüffel, weil er die „Linse der Kamera nicht antatschen“ soll.

Das Publikum ist breit gemischt: viele Familien mit Kindern, vor allem Jungs, auch viele Rentner. Technik- und Militärbegeisterte fehlen so wenig wie Studenten der Ingenieurswissenschaften. Oft erklären Männer ihren Frauen mit leuchtenden Augen, was das Besondere an dem Fluggerät ist, das gerade am Himmel schwebt – und ebenso oft ist das weibliche Interesse so groß, als würde gerade das passive Abseits erläutert.

Durchaus allgemeines Interesse findet aber der Pavillon der Berliner Flughafengesellschaft, in dem der neue Airport Berlin Brandenburg International (BBI) präsentiert wird. Dem professionell plappernden Moderator sprudeln die planerischen und technischen Details nur so aus dem Mund. Er verwickelt die Zuschauer in ein Quiz, bei dem unter anderem das geplante BBI-Eröffnungsdatum zu erraten ist. Als Hauptgewinn winkt eine Tasse mit dem Flughafenlogo – wer die nicht im Schrank hat, dem fehlt etwas. So wie dem BBI-Werbefilm die Erklärung dieses Satzes: „Zehn Millionen Einwohner hat die Region.“ Die Bundesländer Berlin und Brandenburg bringen es auf gut die Hälfte – aber alles ist wohl eine Frage des Maßstabs, der angelegt wird. Superlative hatte auch die ILA noch bei jeder Ausstellung zu bieten.

RICHARD ROTHER

Die ILA ist noch heute und morgen von 10 bis 18 Uhr geöffnet, Eintritt 15 (10) Euro. Im Internet: www.ila-berlin.de