IRAK: ENDLICH EINE LEGITIME REGIERUNG, ABER NOCH KEIN KONZEPT
: Der Bürgerkrieg ist nicht abgewendet

Der Irak hat nun eine Regierung. Aber was sagt das aus? Monate haben die Politiker dafür gebraucht, um den nächsten so genannten Meilenstein im politischen Prozess zu erreichen – nur um dann die Antwort auf die schwierigsten Fragen auf später zu verschieben. Die überfällige Bildung der neuen Regierung fünf Monate nach den Wahlen stellt da keine Ausnahme dar.

Zugegeben, es war für Ministerpräsident Nuri al-Maliki ein delikates Unterfangen und eine enorme Leistung, die Forderungen der Schiiten, Sunniten, Kurden und der säkularen Gruppen unter einen Hut zu bringen. Erstmals seit Saddams Sturz ist ihm eine Kabinettsliste gelungen, in der sie alle sitzen. Dazu kommt, dass sich – immerhin – die Frage der Legitimität der irakischen Regierung nicht mehr stellt. Das Parlament wurde von 70 Prozent der Wahlberechtigten aus allen ethnischen und konfessionellen Gruppen eingesetzt. Das ist eindeutig als Erfolg zu werten, geht damit auch die Hoffnung einher, dass die Differenzen in Zukunft politisch und nicht militärisch ausgetragen werden könnten.

Doch ausgerechnet bei der Besetzung der strategischen Ministerien, die für die Sicherheit des Landes zuständig sein sollen, ist der neue irakische Premier zunächst gescheitert. Das Innen- und Verteidigungsministerium sowie der Posten des Nationalen Sicherheitsberaters wurden mangels Einigung nur kommissarisch besetzt. Mit einem Provisorium tritt al-Maliki nun also gegen die Aufständischen, aber auch gegen die Milizen an, die teilweise unter dem Schutz von Ministerien operieren und durch ihre Rachefeldzüge das Land an den Rand eines Bürgerkrieges getrieben haben.

Das ist wahrlich kein gutes Omen für die Fähigkeit der neuen Regierung, die zusammengebrochene Ordnung wiederherzustellen. Al-Maliki hat mit seiner Proporzregierung bisher auch kein Konzept vorgelegt, wie ein Bürgerkrieg wirklich abgewendet werden kann. Er hat angekündigt, die marodierenden Milizen in die Sicherheitskräfte integrieren zu wollen. Doch so richtig kann derzeit im Irak niemand absehen, ob er dadurch gezähmte Milizen oder marodierende Sicherheitskräfte erhält. KARIM EL-GAWHARY