Geheimsache Atompolitik

Umweltminister Gabriel und Vertreter der vier großen Atomkonzerne haben sich an der Öffentlichkeit vorbei zu Gesprächen getroffen. Dass es dabei um einen Deal über Endlager und Laufzeitverlängerung ging, wird im Ministerium strikt dementiert

VON BERNWARD JANZING

Zwischen Vertretern der deutschen Atomindustrie und Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hat es vergangenen Dienstag ein bisher geheim gehaltenes Gespräch über die Atompolitik gegeben. Ein Sprecher des Ministeriums bestätigte dies am Wochenende. Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel hatte das Treffen am Wochenende zuvor publik gemacht.

Umweltminister Gabriel und die Spitzenvertreter der vier deutschen Atomkonzerne Eon, EnBW, RWE und Vattenfall hätten demnach „vertrauliche Gespräche über eine Alternative zum Endlager Gorleben und die Restlaufzeiten von Atommeilern aufgenommen“. Gabriel habe dabei „den Stromkonzernen erstmals eine einvernehmliche Lösung in der Endlagerfrage in Aussicht gestellt“ und dafür Probebohrungen auch in anderen Bundesländern angeregt. Gabriel wolle Gorleben dann als Standort zu akzeptieren, wenn keine andere, bessere Lösung gefunden werde.

Diese Aussagen sind allerdings nicht neu. Die Bundesregierung erklärte seit Amtsantritt mehrfach, ergebnisoffen prüfen zu wollen, wo künftig der Atommüll gelagert werden soll. Das heißt, dass nach einem Endlager bundesweit gesucht werden soll. „Da wird etwas als Neuigkeit verkauft, was längst bekannt ist“, hieß es am Wochenende in Gabriels Ministerium.

Brisanter ist vielmehr ein Zusammenhang, der in dem Spiegel-Bericht zwar nicht explizit hergestellt, aber dennoch indirekt nahe gelegt wird. Demnach wurde in der Gesprächsrunde von Umweltminister und Stromkonzernen auch über mögliche Verlängerungen der Laufzeit der deutschen Atomkraftwerke beraten. Auf diese Weise wird der Eindruck erweckt, das Umweltministerium bringe beide Punkte in ein gesamtes Verhandlungspaket ein, um am Ende Kompromisse zu schließen.

Im Bundesumweltministerium wurde ein solcher Zusammenhang entschieden zurückgewiesen: Anders als vom Spiegel behauptet, könne „von einem irgendwie gearteten Deal keine Rede“ sein, sagte Ministeriumssprecher Michael Schroeren. Ein solcher Vorschlag ergebe schon deshalb überhaupt keinen Sinn, weil „zwischen den Laufzeiten von Atomkraftwerken und der Lösung der Endlagerfrage keinerlei Zusammenhang“ bestehe. Die Laufzeiten der deutschen Atomkraftwerke seien im Einvernehmen mit den Energieversorgern im Atomgesetz klar festgelegt und daher „nicht verhandelbar“.

Wie schon mehrfach in den vergangenen Monaten bekräftigte das Ministerium erneut: „Der Atomausstieg gilt.“

Die sichere Endlagerung des Atommülls hingegen sei ein ganz anderes Thema, über das beraten werden müsse. Die große Koalition habe das Ziel, dieses Problem in der laufenden Wahlperiode zu lösen. Dass hier nun „von interessierter Seite“ versucht werde, „die ersten Gespräche in diesem Zusammenhang durch Verbreiten von Gerüchten zu belasten, ist wenig hilfreich“, sagte Schroeren.