:
LARS PENNING
Ende der 1950er-Jahre schienen die alten Hollywoodfilme, die ungebrochen an heldenhaften Legenden strickten, bereits ein wenig aus der Zeit gefallen. Einen neuen Blick versprachen jene jüngeren Regisseure, die ihre ersten Berufserfahrungen in der goldenen Ära des Live-Fernsehens gemacht hatten: Sie brachen alte Strukturen auf und interpretierten die alten Genres mit Bezug auf die Gegenwart neu. Einer dieser Neuerer war Arthur Penn, der in seinem Klassiker „Bonnie und Clyde“ (1967) den Outlaw-Mythos der 1930er-Jahre mit dem rebellischen Geist des Undergrounds seiner Entstehungszeit verknüpfte. Dabei zeigt der Film, wie Mythen entstehen: Das Gangsterpärchen strickt in – historisch belegten – Selbstinszenierungen so lange an ihrer Volksheldenaura, dass es am Ende – mit dem Nimbus schwer überschätzter Medienstars – der eigenen Legende zum Opfer fällt. Das Paradoxe ist: Der Kugelhagel, in dem die beiden in einer extremen Zeitlupensequenz sterben, bringt sie der Verklärung ebenfalls wieder ein Stück näher. Funktionierte übrigens auch in der Realität: Die Darsteller Faye Dunaway und Warren Beatty lösten eine Modewelle aus und wurden zu Ikonen der Popkultur. (OmU, 21./25. 11., Arsenal 2, 26. 11., Arsenal 1)
Wer Charles Dickens für einen Autor von Kinderbüchern hält, könnte in „Hugo Cabret“ (2011) von Martin Scorsese auch einen Kinderfilm sehen – nicht zuletzt aufgrund des Alters der Titelfigur, die sich elternlos auf einem Pariser Bahnhof herumtreibt und einen Platz im Leben sucht. Doch der Film ist mehr: 3-D-Spektakel, tragikomisches Melodram sowie eine charmante Hommage an den französischen Filmpionier Georges Méliès, dessen zauberische Unterhaltungsspektakel hier mit einer Geschichte um die Mechanik von Bahnhofsuhren verknüpft werden. (21. 11., Moviemento 3)
Auch wenn es draußen noch nicht so aussieht: Spätestens wenn Winky auf der Kinoleinwand auftaucht, weiß man, dass die Adventszeit vor der Tür steht. Denn Winky, die sechsjährige Tochter eines chinesischen Paares, das in den Niederlanden ein Restaurant betreibt, hat in der neuen Heimat vom Brauch des Sinterklaas gehört, einer Nikolaus-Variante. Der bringt braven Kindern Geschenke – und Winky wünscht sich nichts sehnlicher als ein Pferd. Das sie prompt an ihr Fahrrad angebunden findet. Happy End? Na ja, nicht ganz, da müssen in Mischa Kamps charmantem Kinderfilm „Het paard van Sinterklaas – Ein Pferd für Winky“ (2005) erst noch ein paar Missverständnisse aufgeklärt werden. Der Film nimmt die Wünsche von Kindern ernst und übersetzt sie in eine Geschichte, die von Kids im Vorschulalter ohne größere Schrecken und Enttäuschungen verstanden werden kann. (21.–23. 11., 26.–27. 11., Kino Kiste)