: Immer noch fehlt eine heiße Spur
Den Kampf gegen rechts führen Politiker und Polizei nun untereinander
BERLIN ■ taz Nach dem mutmaßlich rassistisch motivierten Übergriff auf den kurdischstämmigen Berliner PDS-Abgeordneten Giyasettin Sayan stellt sich für Politik und Polizei nun die Schuldfrage. Beide werfen sich gegenseitig und untereinander Versäumnisse im Kampf gegen den Rechtsextremismus vor. Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Sebastian Edathy (SPD), wiederholte seine Kritik, dass Polizeibeamte in manchen Fällen bei rechtsradikalen Vorfällen nicht konsequent genug tätig geworden seien. Er selbst würde nachts bestimmte Teile von Ostberlin nicht betreten, bekräftigte Edathy. Sein Vater ist Inder.
Unterstützung erhielt der SPD-Politiker von Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach. Das Rassismusproblem in Deutschland dürfe nicht verschwiegen werden, nur weil es eine Fußballweltmeisterschaft gebe. Auch er warf der Polizei Defizite im Umgang mit rechten Gewalttätern vor: „Natürlich könnte sie noch mehr tun“, sagte er.
Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, wies diese Vorwürfe vehement zurück. Die Polizei sei die einzige Institution, die sich „Tag und Nacht handfest mit Rechtsextremisten auseinander setzt“, unterstrich Freiberg. Die Polizei würde bereits deutlich mehr Präsenz in besonders gefährlichen Gegenden zeigen. Die Prävention sei aber begrenzt, weil der Polizei das Geld fehle.
Vier Tage nach dem mutmaßlichen Überfall hat die Polizei auch weiterhin keine heiße Spur. Es gebe aber erste Hinweise, bestätigte ein Polizeisprecher. Mittlerweile hätten sich fünf Zeugen gemeldet. Der 56-jährige Sayan liegt mit schweren Kopfverletzungen im Krankenhaus. Er wurde gestern erneut vernommen, doch über den Inhalt seiner Aussagen machte die Polizei keine Angaben. Sayan gibt an, zwei Unbekannte hätten ihn am Freitagabend als „Scheißtürken“ beschimpft. Ohne Vorwarnung sei er anschließend niedergeschlagen worden. FELIX LEE