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Archiv-Artikel

Dünne Bohrer gegen dicke Bretter

GESETZ GEGEN FEWOS

Die Grünen sprechen bereits von einem „Ferienwohnungs- beschleunigungs- gesetz“

Nun also hat das sogenannte Gesetz gegen Zweckentfremdung das Abgeordnetenhaus passiert. Mit der Koalitionsmehrheit haben SPD und CDU den Entwurf durchgewunken, den der Bauausschuss bereits im Oktober verabschiedet hatte. Die Zweckentfremdung von Wohnraum durch die schätzungsweise 12.000 Ferienwohnungen ist künftig ebenso untersagt wie die durch spekulativen Leerstand, Wohnungsabriss oder die Einrichtung von Arztpraxen. Klingt gut.

Doch der Teufel steckt im Detail. Zunächst haben bestehende Ferienwohnungen zwei Jahre Bestandsschutz. Darüber hinaus können deren Betreiber beantragen, eine Wohnung künftig dauerhaft der Vermietung zu entziehen. Lehnt das zuständige Bezirksamt den Antrag nicht innerhalb von 14 Wochen ab, gilt er als genehmigt. Die Grünen sprechen angesichts des Personalmangels in den Bezirken deshalb schon von einem „Ferienwohnungsbeschleunigungsgesetz“.

Doch nicht nur die Bezirke stehen vor großen Herausforderungen, sondern auch die Gerichte. Wirksam wird das Gesetz erst mit der Verabschiedung einer Rechtsverordnung, die Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) im Frühjahr vorlegen will. Sie soll festlegen, in welchen Bezirken das Gesetz gilt. Voraussetzung ist der Nachweis eines angespannten Wohnungsmarkts. Doch damit könnten die Probleme beginnen.

Immerhin hat das Oberverwaltungsgericht Berlin 2002 schon einmal eine ähnliche Verordnung kassiert – mit dem Hinweis, dass der Berliner Wohnungsmarkt schon lange nicht mehr angespannt sei.

Um ein ähnliches Debakel zu verhindern, hat Müller bereits im vergangenen Jahr ein Gutachten in Auftrag gegeben. Das hat einen angespannten Wohnungsmarkt vor allem in Mitte, Friedrichshain-Kreuzberg und Charlottenburg-Wilmersdorf festgestellt. Doch wird das gerichtsfest sein?

Die Gegner eines Gesetzes gegen Zweckentfremdung argumentieren vor allem, dass der Leerstand nicht mehr eindeutig zu messen sei, seitdem Vattenfall keine ungenutzten Stromzähler mehr melde. Geringer Leerstand ist die Bedingung für angespannten Wohnungsmarkt.

Die Opposition wiederum moniert die aus ihrer Sicht viel zu lange Übergangsfrist. Dickere Bohrer, um die dicken Bretter zu bohren, hätte sie wohl aber auch nicht.

Fazit: Das Brett ist zwar noch nicht gebohrt, aber das Bohrloch ist sichtbar. UWE RADA