vor ort : SIMON BÜCKLE über den moralischen Zwang zum Dortmunder Bier
„Was sind das für Menschen, die sich freiwillig im eigenen Land Budweiser-Bier im Stadion servieren lassen, ohne die Hütte frustriert niederzubrennen“, fragt „DonMustard“ in einem WM-Blog im Internet. Die Getränke-Stände auf dem Friedensplatz in Dortmund sind nun jedenfalls raus aus der Schusslinie der Fußball-Begeisterten, die sich mit dem US-Bier nicht anfreunden konnten: Anfang der Woche unterzeichneten Thomas Schneider von der Radeberger-Gruppe und Gerd Kolbe, Chef des Dortmunder WM-Organisationskomitees, eine Kooperation.
Beim offiziellen Fußball-Gucken wird es demnach die einheimischen Marken geben: Auf dem Friedensplatz werden die rund eine Million zur WM erwarteten Fans an sechs Ständen mit DAB, Brinkhoffs und Kronen bewirtet. Mehr als 20 weitere Wagen mit den Dortmunder Bieren aus der Radeberger-Gruppe soll es in der Innenstadt geben. „Hier feiert man doch am liebsten mit Dortmunder Bier“, spricht Verkaufsdirektor Schneider wohl vielen Fans aus der Seele. Und auch in den anderen zehn Austragungsorten heißt es nicht mehr ausschließlich „Bitte ein Bit“ beziehungsweise „.ein Bud“. Die WM-Städte haben der Fifa das Recht abgerungen, während der offiziellen Fanpartys auch eigene Getränke anbieten zu dürfen. „Einen Bierstreit hat es nie gegeben“, beschwichtigt der städtische WM-Beauftragte Gerd Kolbe. „Das ist ein sehr freundliches Entgegenkommen der Fifa.“
Obwohl die Dortmunder bei den Fanfesten nun eher zu einheimischem Bier tendieren könnten, gibt sich die Bitburger-Brauerei gelassen: „Das ist eine ganz normale Konkurrenzsituation, wie sie sich im Handel vor dem Regal jeden Tag abspielt“, sagt Marketingleiter Jan Untiedt. Geschäftsführer Claus Altendorf vom Dortmunder Hotel- und Gaststättenverband freut sich über die Entwicklung, bleibt aber kritisch. „Chancengleichheit ist sehr wichtig. Nur was ist jetzt mit den anderen Brauereien? Dürfen die da jetzt auch ausschenken?“
Durch den Vertrag mit der Radeberger-Gruppe wird die ehemalige Bierstadt Dortmund wohl einen (kleinen) Teil ihrer (großen) Ausgaben für die WM ausgleichen können. Und auch an anderer Stelle versucht sie, das Geld wieder einzunehmen. „Für einen Quadratmeter Bierstand muss man der Stadt bis zu 19 Euro pro Tag Gebühr bezahlen. Das ist für kleinere Betriebe kaum zu schaffen“, klagt Altendorf stellvertretend für die lokale Gastronomie. Georgios Konstantinidis hat so einen kleinen Betrieb. Vor seinem griechischen Restaurant „Zorbas“ an der WM-Meile Hohe Straße wird er während der kompletten WM an einem Bierwagen die Fans bewirten. „Ich muss pro Tag 30 halbe Liter Bier verkaufen, nur um die Gebühr wieder rein zu bekommen“, sagt er. Die Konkurrenz habe jedoch Schlange gestanden. „Es gab Anfragen aus Bayern, sogar aus Luxemburg. Wenn ich das nicht gemacht hätte, würde ein anderer vor meiner Tür Bier verkaufen“, so Konstantinidis.
Die hohen Gebühren der Stadt werden sich wohl auch in den Getränkepreisen widerspiegeln. Aber so lange es Dortmunder Bier ist – Prost!