: Zögerliche Hilfe für Folteropfer aus dem Iran
FLÜCHTLINGE In der Türkei sitzen 2.000 Oppositionelle aus dem Iran fest. Deutschland will jetzt endlich 50 von ihnen aufnehmen. Politikprofessor Hajo Funke setzt sich für 100 Betroffene ein: „Fälle schwerster Folter“
BERLIN taz | Als im vergangenen Sommer im Iran Hunderttausende gegen das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen protestierten, schlug sich die Bundesregierung auf die Seite der Demonstranten. „Deutschland steht auf der Seite der Menschen im Iran, die ihr Recht auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit ausüben wollen“, sagte damals Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Bereits seit Monaten sitzen etwa 2.000 dieser Oppositionellen, die nach der blutigen Niederschlagung der Proteste aus dem Iran flohen, in der Türkei fest. Doch mit der Unterstützung der Flüchtlinge tut sich die Bundesregierung schwer.
Nach einem langwierigen Verfahren haben sich Bund und Länder jetzt darauf geeinigt, 50 der Flüchtlinge aufzunehmen. Das sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Freitag nach der Innenministerkonferenz in Hamburg. Bislang war er bereit gewesen, nur 20 Flüchtlingen die Einreise zu erlauben. Einige Bundesländer – darunter Hamburg, Berlin und Nordrhein-Westfalen – hatten zuvor zugesagt, insgesamt deutlich mehr als 20 aufzunehmen.
„Das ist ein neuer Kompromiss, der positiv ist“, sagt der Berliner Politikprofessor Hajo Funke. „Aber er reicht natürlich nicht aus.“ Gemeinsam mit einigen Exiliranern hat Funke eine Liste mit fast 100 Betroffenen erstellt, seit Januar liegt sie der Bundesregierung vor. Journalisten, Blogger, Professoren und studentische Aktivisten der „grünen Bewegung“ stehen darauf. „Wir haben ihre Fälle bis ins Detail beschrieben“, sagt Funke. „Sie haben schwerste Folter erlebt, darunter Scheinexekutionen und Vergewaltigungen mit Stöcken und Flaschen.“ In der Türkei fehle ausreichende ärztliche Betreuung, zudem sei die Angst vor dem iranischen Geheimdienst groß. „Die hundert, die auf der Liste stehen, sollte Deutschland aufnehmen“, so seine Forderung.
Laut Innenministerium können die ersten Flüchtlinge im Juni einreisen. Derzeit würden Mitarbeiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge in der Türkei Gespräche mit den Betroffenen führen, so das Ministerium. SABINE AM ORDE