LESERINNENBRIEFE :
Jetzt also mit der CDU
■ betr.: „Die Frankfurter Republik“, taz vom 23. 11. 13
Mit den Grünen bin ich „aufgewachsen“ und habe, meist aus tiefer Überzeugung, auch immer zu ihren Stammwählern gehört. Und irgendwie war immer klar, wo der politische Gegner steht. Klar, auch die Grünen werden älter, die Einkommen steigen, manches im Denken wird konservativer. Aber es gab ökologische und soziale Ziele, die wurden nur von den Grünen repräsentiert und hochgehalten. Mit der SPD blieb ja schon manches auf der Strecke, man denke nur an Hartz IV, aber es war noch irgendwie aushaltbar. Und jetzt also mit der CDU.
Es wird zwangsläufig viele Kompromisse geben und vieles, was einmal Grün ausgemacht hat, wird verwaschen werden, unschärfer werden und auf dem Altar des „Mitregierens“ geopfert werden. Gewinner wird im Laufe der Legislatur die CDU sein, und die Grünen werden als Kleinpartei, der die Wähler immer mehr weglaufen, übrig bleiben. Freuen wird sich die Linke über den Zulauf von ökologisch und sozial-realpolitisch denkenden Menschen, denn die SPD bietet hier keine wirkliche Alternative. JÖRG THIELE, Ettlingen
Fensterläden schließen?
■ betr.: „Die Frankfurter Republik“, taz vom 23. 11. 13
Bei allem „ideologiefreien“ Pragmatismus, der nun schon seit Jahren in taz-Kommentaren Kultstatus hat – das hatte ich mir bisher noch nicht vorstellen können: Leerformeln wie die von „einer Politik des Ermöglichens“, der sich die Chefpolitiker von CDU und Grünen nun „verschrieben“ hätten. Oder hat sich da nur eine verschrieben, Ines Pohl in dem Fall? Was, bitte, soll denn da ermöglicht werden? Jede Politik, faschistische eingeschlossen, „ermöglicht“ etwas. Und anderes wird verunmöglicht, zwischen beidem einiges erleichtert, anderes erschwert. Wer am Vernebeln und Verschweigen interessiert ist, steht in der Regel auf parteipolitischer Bühne oder ist LobbyistIn – von kritischen JournalistInnen erwarte ich anderes.
Im Übrigen: Kaum hat sich die Bundes-SPD gegenüber der Linkspartei ein ganz klein wenig entkrampft, erklärt Cem Özdemir, ein Bündnis mit den Linken komme für die nächsten Jahre nicht in Betracht. Ist es vielleicht auch das, was „die SPD in Sachen Linkspartei (…) lernen könnte“, die Fensterläden wieder zu schließen?
Und noch etwas: „Die Frankfurter Republik“, das sind die goldstrahlenden Bankentürme, unterschrieben: „Immer für eine Reise in die Zukunft zu haben: Frankfurt am Main“. Kerninhalt der „Zukunft“ also: Die Privilegien des Geldgewerbes sind unantastbar.
JÜRGEN KASISKE, Hamburg
Taktische Entwicklungen
■ betr.: „Die Frankfurter Republik“, taz vom 23. 11. 13
Es stimmt, was Ines Pohl schreibt, dass sich grundlegende Veränderungen im Parteiengefüge der Bundesrepublik anbahnen, dass das alte Schema „Schwarz(-Gelb)“ gegen „Rot(-Rot)-Grün“ sich langsam auflöst. Das sind aber taktische Entwicklungen, die sehr bald ihre Bedeutung verlieren werden. Entscheidend aber wird sein, ob es den Grünen gelingen kann, in ein schwarz-grünes (oder auch andersfarbiges) Regierungsprogramm wenigstens in Ansätzen eine Postwachstumspolitik zu implementieren: konsequente Fortsetzung der Energiewende, Zurückdrängung des Individualverkehrs, „grüne“ Landwirtschaft u. v. m. Nicht alle grünen PolitikerInnen vertreten diese Linie, mit der CDU dürfte ein solches Programm aber nahezu unmöglich sein. Diese wichtige Voraussetzung einer im ökologischen Sinne erfolgreichen Politik streift Frau Pohl leider nur in einem Satz – dem vorletzten. RAINER KANDLER, Bonn
Zu parteilich
■ betr.: „Die Frankfurter Republik“, taz vom 23. 11. 13
Der Kommentar auf der ersten Seite schafft es, die Grünen zu überhöhen, die CDU zu nobilitieren und die SPD und die Linke herabzusetzen. Als sei eine Regierung, bei der die Grünen mitregieren, automatisch fortschrittlich und eine, wo sie draußen sind, langweilig. Diese Position finde ich angesichts des Nutzens, den die SPD aus ihrer Position zieht, nur schwach unterstützt und für ein Zeitung auch zu parteilich. WILLI HENNIG, Stuttgart
Das schönere System
■ betr.: „Mängel, Macken, Misswirtschaft“, taz vom 22. 11. 13
Josefine Janert beklagt in ihrem Artikel, dass sich keiner der ehemaligen Betriebsdirektoren für die DDR rechtfertigen würde. Warum sollte die DDR sich für ihre Existenz rechtfertigen müssen? Weil der Kapitalismus das schönere System ist? Ich kann mich nicht erinnern, in der taz einmal gelesen zu haben, dass sich BRD-Manager für die Existenz der BRD rechtfertigen sollten. JULIA WITTIG, Berlin
DDR-Realität toppt
■ betr.: „Maximallohn für Manager“, taz vom 22. 11. 13
Der Vorschlag in der Schweiz klingt revolutionär. Aber er wird noch getoppt davon, was in der DDR Realität und Alltag war. In der gleichen Ausgabe ist in „Mängel, Macken, Misswirtschaft“ Erstaunliches zu lesen: „Lenin sagte: Ein Betriebsdirektor darf höchstens das Dreifache vom Gehalt eines Facharbeiters verdienen. Daran haben wir uns (in der DDR ) strikt gehalten.“ JOACHIM KRAUSE, Schönberg