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Archiv-Artikel

Niedersachsen verweigert Entlassungen

SICHERUNGSVERWAHRUNG Hannovers Justizminister Busemann will nicht, dass Straftäter von Amts wegen freikommen können. Staatsanwälte zu Beschwerden aufgerufen. Hamburg zieht nicht mit

In Niedersachsen sind zehn als gefährlich eingestufte Täter betroffen

Niedersachsen handhabt die Entlassung von Straftätern aus der Sicherungsverwahrung streng. Justizminister Bernd Busemann (CDU) forderte die Staatsanwaltschaften per Erlass auf, bei bestimmten Entscheidungen Beschwerde einzulegen. Einen entsprechenden Bericht des Spiegel bestätigte am Samstag ein Ministeriumssprecher. Andere Bundesländer bestritten, dass es bei ihnen ähnliche Bestrebungen gebe.

Der Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte Anfang Mai die rückwirkende Verlängerung der Sicherungsverwahrung als Verstoß gegen die Menschenrechte eingestuft. Das Gericht verwarf damit ein deutsches Gesetz von 1998. Nach Spiegel-Angaben spielen jetzt die Justizministerien mehrerer Bundesländer auf Zeit, um als gefährlich eingestufte Straftäter vorläufig noch nicht in Freiheit entlassen zu müssen.

Busemann vertritt die Auffassung, dass die Entlassung noch gefährlicher Sexual- und Gewaltverbrecher auf keinen Fall von Amts wegen erfolgen soll. Das Bundesverfassungsgericht habe bereits in zwei Fällen erklärt, das Sicherheitsinteresse der Bevölkerung überwiege das Freiheitsinteresse eines verurteilten Straftäters. Solange Karlsruhe bei dieser Auffassung bleibe, sei das EGMR-Urteil nicht verbindlich.

In Niedersachsen sind zehn als gefährlich eingestufte Täter betroffen. Vor wenigen Tagen erst scheiterte ein 59-jähriger Straftäter erneut mit dem Versuch, unter Berufung auf das EGMR-Urteil aus der Sicherungsverwahrung entlassen zu werden. Das Oberlandesgericht Celle urteilte, die Entscheidung zwinge nicht zur Entlassung des Mannes. Die Auslegung der Straßburger Richter widerspreche dem Willen des deutschen Gesetzgebers, sagte eine Sprecherin in Celle.

Hamburg will den niedersächsischen Weg offenbar nicht mitgehen. Es gebe „eine solche Absprache bisher nicht“, sagte Pia Kohorst, Sprecherin der Justizbehörde.  (dpa)