Der Wochenendkrimi
: Flirten aus Pflicht

„Einsatz in Hamburg: Mord auf Rezept“, Sa., 20.15 Uhr, ZDF

Einen kleinen Augenblick lang hat man das Gefühl, die Hamburger Kommissarin Jenny Berlin könnte dort weitermachen, wo Kommissarin Lena Odenthal vor fünf Jahren aufgehört hat: Die „Tatort“-Kollegin aus Ludwigshafen hatte ja mal eine ganz zaghaft angedeutete lesbische Affäre, die sich dann einfach im Sande verlief und auch nie wieder thematisiert wurde. Nun macht auch Jenny Berlin (Aglaia Szyszkowitz) einer anderen Frau schöne Augen – doch der Flirt bleibt streng professionell.

Überhaupt erfolgt ja jedes Lächeln der kühlen Hanseatin offensichtlich aus Kalkül: Bei der Pathologin mit dem schönen Namen Dr. Dunkel (Victoria Trauttmansdorff), von der die Ermittlerin zuvor am Seziertisch forsch angebaggert wurde, steht sie eines Abends mit der Weinflasche vor der Tür, um sich ein paar medizinische Details zum Fall erklären zu lassen. Und auf die Avancen des Chirurgen Dr. Rixen (Merab Ninidze) geht Berlin nur ein, weil sie glaubt, dass der ölige Chefarzt neben den nach seinen OPs verdächtig schnell verschiedenen Patienten noch weitere Leichen im Keller liegen hat.

„Mord auf Rezept“ ist mit seinen plakativen Verstrickungen zwischen Krankenhaus und Pharmaindustrie allzu schnell durchschaubar, dafür präsentiert das Autorendoppel Stefan Cantz und Jan Hinter in ähnlich hoher Dichte Skurrilitäten, wie es das zuvor schon für einige Münsteraner „Tatorte“ getan hat. Und während Berlin allerorten diskret ihren Charme spielen lässt, hetzt ihr Kollege Brehm einem aus beruflichen Gründen immer wieder verschobenen Blind-Date hinterher. Privates Glück und professionelle Bestätigung gehen also – wie im Ludwigshafener „Tatort“ – auch im Hamburger ZDF-Revier nicht zusammen. Christian Buss