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Archiv-Artikel

Herrmann zahlt einen hohen Preis

KREUZBERG VS. SENAT

Doch jetzt fühlt sich die Bürgermeisterin plötzlich an ihren Deal mit dem Senat nicht mehr gebunden

Monika Herrmann kann es sich in Zukunft eigentlich sparen, den Senat wegen irgendetwas um Hilfe zu fragen. Die grüne Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg hatte im Herbst einen Bittbrief geschrieben: Ob der Senat nicht freundlicherweise bei der Suche nach einer Unterkunft für die Flüchtlinge vom Oranienplatz helfen könne? Es war schließlich der dringende Wunsch der Campbewohner: „Haus für den O-Platz“, forderten sie auf Demonstrationen.

Rechtlich war der Senat dazu nicht verpflichtet. Er hätte es auch so wie der Senat in Hamburg machen können, der sagt: Wir sind nicht zuständig, von uns gibt es nichts.

Doch der Berliner Senat reagierte auf die Hilfsanfrage. CDU-Sozialsenator Mario Czaja sei bereit, über „zwischenzeitliche Unterbringungsmöglichkeiten“ für die Camp-Bewohner zu sprechen, sagte seine Sprecherin Ende September. Unter einer Bedingung: „Dafür müsste der Bezirk die Duldung der rechtswidrigen Zustände aufheben.“ Sprich: das Camp beenden.

Die CDU hatte den Abbau seit Monaten gefordert. Mit dem Kompromiss ließ sich dieses Ziel erreichen, ganz ohne einen hässlichen Polizeieinsatz. Monika Herrmann stimmte zu.

Der Senat hielt seinen Teil der Vereinbarung ein: Er kümmerte sich um ein Haus und stellte 136.000 Euro aus dem Haushalt zur Verfügung. Auch bei Monika Herrmann sah es zuerst so aus: Als die Flüchtlinge am Sonntag in das Haus gezogen waren, wollte sie die Schlafzelte abbauen lassen und nur noch das Infozelt für den politischen Protest stehen lassen. Aber als sich Widerstand abzeichnete, schreckte Herrmann zurück. Inzwischen sieht sie sich an den Deal nicht mehr gebunden. Auf dem Oranienplatz zeichnet sich nun die zwangsweise Räumung durch die Polizei ab, die die CDU eigentlich verhindern wollte.

Man kann diese Entscheidung von Herrmann richtig finden. Aber sie hat auch Konsequenzen. Die Bezirke sind wegen ihrer begrenzten eigenen Mittel bei vielen Themen auf Kooperation mit dem Senat angewiesen. Und warum sollte dieser der Bürgermeisterin in Zukunft nochmal aus der Patsche helfen, wenn sie sich nicht an ihren Teil der Vereinbarung hält? SEBASTIAN HEISER