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Archiv-Artikel

MIRKO BONNÉ, KASCHNITZ-PREISTRÄGER Der Autorenfreund

Von GRÄ
Mirko Bonné, 44

■ schreibt Gedichte und Romane. War mit „Wie wir verschwinden“ für den Deutschen Buchpreis nominiert. Foto: Schöffling

Es gibt diejenigen, die die anderen wegbeißen. Oder so tun, als gäbe es keine Vorgänger, die Spuren hinterlassen haben. Und dann gibt es die, die mit Autoren leben, sei es gegenwärtigen oder vergangenen, als seien es Freunde. Vielleicht ist das eine der wenigen Dinge, die man über die so unterschiedlichen Texte von Mirko Bonné sagen kann: dass sie durchwoben sind von Verweisen, explizit oder implizit, auf andere Schreiber. Vielleicht wird ihm der Marie-Luise-Kaschnitz-Preis, den ihm die evangelische Akademie Tutzing im November verleihen wird, deshalb besonders gefallen. Denn er stellt ihn in eine Tradition mit Dichterinnen und Dichtern wie Ilse Aichinger und Paul Nizon.

Nizon taucht in einem Text auf, den Bonné für die Reihe „Nebenstelle“ der taz nord geschrieben hat. Da geht es um das Leben auf dem Land und Bonné schreibt: „Nicht die Stadt selbst war mir wichtig, ihre Abwechslung oder, wie Paul Nizon von Paris sagt, die ‚Lebensumhüllung‘“. Er ist dann auch recht bald wieder mit seiner Familie aus dem Sachsenwald nach Hamburg gegangen. Dort arbeitet er als Journalist, Übersetzer und Autor. Was sich auf beiläufige Weise ergänzt: Bonné schreibt in der F.A.Z. über eine neue Übersetzung des amerikanischen Lyrikers Walt Whitman – genauer er preist sie, und das mit dem genauen Blick dessen, der selbst übersetzt, und zwar die Großen wie Keats, Cummings und Yeats – und Verweise auf seine Lektüren finden sich in seinen Texten. Zum Beispiel im Essay-Band „Ausflug mit dem Zerberus“. Da gibt es einen Text „Helianloggia“, in dem Bonné auf den Spuren des Dichters Trakl nach Mühlau reist und auf einen Verhaltensforscher trifft. Was sagt mehr über Trakl, sein Gesicht oder seine Gedichte, fragt er – und lässt die Frage offen.

Das mag schwergängig klingen, ist es aber nicht, die Verweise auf die Kollegen kommen leichtfüßig und ohne bildungsbürgerliches Imponiergehabe daher. Sogar einen Abenteuerroman hat der vielgesichtige Autor Bonné geschrieben, über eine Expedition in die Antarktis, aber der hat der Kritik nicht sonderlich gefallen. Die evangelische Akademie Tutzing hat das nicht abgeschreckt. GRÄ