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Archiv-Artikel

Rettet die deutsche GmbH

Sie sei bedroht, sagt Justizministerin Brigitte Zypries. Deshalb will sie die Überlebensbedingungen der „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ verbessern

BERLIN taz ■ Früher war es eine klare Sache: Wer ein Unternehmen gründen, aber nicht mit seinem Privatvermögen haften wollte, griff auf die GmbH zurück. Seit der Europäische Gerichtshof den Betrieb von Kapitalgesellschaften mit ausländischer Rechtsform in Deutschland ermöglichte, hat die deutsche „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ allerdings Konkurrenz bekommen, insbesondere von der englischen Version, der Limited, kurz Ltd. Gestern nun stellte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) einen Reformentwurf vor. Ihr Ziel ist es, die deutsche GmbH wieder „wettbewerbsfähig“ zu machen.

Tatsächlich scheint es derzeit auch in Deutschland attraktiver, eine Ltd. zu gründen als eine GmbH. Über einen Vermittler ist eine Ltd. normalerweise in ein bis zwei Wochen und für rund 400 Euro zu haben, heißt es bei der Gründerberatung Förderland. Gegen einen Aufschlag von rund 300 Euro geht es sogar binnen 24 Stunden. Ein Notar ist nicht nötig, das Mindestkapital beträgt 100 Pfund, eingezahlt werden muss lediglich ein Pfund. Eine GmbH zu gründen, kostet zwischen 1.500 und 2.000 Euro und dauert bis zu drei Monate. Das Mindestkapital beträgt 25.000 Euro, von denen die Hälfte auch eingezahlt werden muss.

Wirtschaftsrechtler Sebastian Sick von der Hans-Böckler-Stiftung weist allerdings darauf hin, dass eine Ltd. auch englischem Recht untersteht. Und der Jahresabschluss muss sowohl nach englischem als auch nach deutschem Recht erstellt werden. „Hier können laufend Übersetzungs- und Anwaltskosten anfallen.“ Zudem gelten Ltd.s bei deutschen Banken und Sparkassen wegen ihres niedrigen Kapitals als weniger kreditwürdig.

Kaum eine Rolle bei der Entscheidung für eine ausländische Gesellschaftsform spielt offenbar die deutsche Mitbestimmung – die Ltd. ist wie die GmbH eine Rechtsform für den Mittelstand. Sick kennt nur 6 ausländische Unternehmen in Deutschland mit mehr als 500 Mitarbeitern, die auch eine ausländische Rechtsform nutzen – eine Ltd. ist nicht dabei. Insgesamt sind bislang etwas mehr als 3.000 Ltd.s offiziell im deutschen Handelsregister angemeldet – und rund eine Million GmbHs.

„Wir müssen die GmbH attraktiver machen“, sagte Zypries trotzdem. Nach ihren Plänen soll das Mindestkapital deshalb von 25.000 auf 10.000 Euro abgesenkt, das Eintragungsverfahren beschleunigt werden: Verwaltungsrechtliche Genehmigungen wie etwa die gewerberechtliche Erlaubnis sollen parallel zur Eintragung stattfinden können.

Der zweite zentrale Punkt ist ein besserer Gläubigerschutz. Hier will Zypries vor allem so genannten Firmenbestattern das Handwerk erschweren. Sie helfen Eigentümern, teure Insolvenzverfahren zu vermeiden – auf Kosten der Gläubiger: Eine Person, die unauffindbar irgendwo im Ausland sitzt, übernimmt die Anteile des Eigentümers, der Geschäftsführer wird mehrfach ausgewechselt – bis kein Gläubiger durchblickt, an wen er seine Forderungen stellen kann. Künftig sollen deshalb die Gesellschafter stärker in Haftung genommen werden. BEATE WILLMS