ERICH RATHFELDER ÜBER EIN REFERENDUM GEGEN DIE HOMO-EHE
: Rechtsruck in Kroatien

Die Volksabstimmung über die Ehe mit der Definition als „ein Bündnis zwischen Mann und Frau“ ist zwar positiv formuliert, doch jeder weiß natürlich, dass der damit durchgesetzte Verfassungszusatz die Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Paaren unmöglich machen wird. Schwulendemonstrationen werden zwar nicht mehr mit Steinen beworfen, die systematische Diskriminierung von Minderheiten aber wird nun in Kroatien mit dem Willen der Mehrheit hoffähig gemacht.

Den Gesetzentwurf über eine Gleichstellung der Homosexuellen hatte die Mitte-links ausgerichtete Regierung eingebracht. Davon hat sich vor allem die katholische Kirche provoziert gefühlt. Zusammen mit der kroatischen Rechten hat sie das ohnehin vorherrschende konservative Weltbild der Menschen mobilisieren können.

Die Mehrheit der Bevölkerung möchte zwar weiterhin in der EU bleiben, aber nicht alles übernehmen, was aus dem protestantischen Norden kommt. Die sich seit dem EU-Beitritt im Juni noch ausweitende Wirtschaftskrise, die wachsende Arbeitslosigkeit, die Teuerung bei Strom, Gas und Wasser und nicht zuletzt der Nationalitätenstreit in Vukovar haben zum Umschwung in der öffentlichen Meinung beigetragen. Vielleicht hat die Mitte-links-Regierung in Zagreb nach dem Eintritt in die EU das Tempo der Reformen und der Modernisierung zu sehr angezogen. Sie wollte Kroatien so schnell wie möglich auch gesellschaftspolitisch nach Europa führen. Bei der Aufstellung von Ortstafeln mit lateinischer und kyrillischer Schrift in Vukovar mobilisierten rechtsnationalistische Kreise den Widerstand, in der Frage gleichgeschlechtlicher Paare waren es die Gläubigen. Kroatien ist an diesem Wochenende ein gutes Stück weiter nach rechts gerückt.

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