: Flucht vor dem Regime Mugabes
Immer mehr Menschen aus Simbabwe suchen in Südafrika Schutz vor Folter und Armut. Die Regierung in Pretoria scheut vor deutlicher Kritik am Nachbarland zurück
JOHANNESBURG taz ■ Der ehemalige Parlamentsabgeordnete Roy Bennett aus Simbabwe hat in Südafrika Asyl beantragt. Jetzt muss er dem Innenministerium Beweise für seine politische Verfolgung in der Heimat liefern. Das Ministerium lehnte seinen Antrag vor wenigen Tagen ab, doch der Schatzmeister der gespaltenen simbabwischen Oppositionspartei Bewegung für demokratischen Wandel (MDC) legte Widerspruch ein, wie er gestern in Johannesburg vor der Presse mitteilte. Das Regime in Simbabwe wirft ihm vor, Waffenverstecke organisiert und einen Putsch gegen Präsident Robert Mugabe geplant zu haben.
„Wenn führende Politiker wie ich ins Exil fliehen müssen, wirft das ein noch stärkeres Licht auf die schwierige Situation der Bevölkerung in Simbabwe“, sagte Bennett. „Alles, was wir verlangen, ist die Anerkennung der Situation und der Tatsache, dass Präsident Robert Mugabe ein Tyrann ist.“ Die Ablehnung von Bennetts Asylantrag mit dem Hinweis, es bestehe kein wirkliches Risiko der Verfolgung bei einer Rückkehr in seine Heimat, lässt den im Vorjahr bereits in Simbabwe inhaftierten Politiker mutmaßen, dass Südafrika den Ernst der Lage nicht erkannt hat.
Doch die politische und wirtschaftliche Krise in Simbabwe zeigt inzwischen deutliche Auswirkungen auf den Nachbarn im Süden. Millionen von Menschen fliehen vor Folter und Armut über die durchlässigen Grenzen. Die Zahl der Illegalen wird auf über drei Millionen geschätzt. Die Angst vor den Geheimdienstlern des Mugabe-Regimes hat aber nach dem Überqueren der Grenze kein Ende. Agenten spüren die „Verräter“ auch in Südafrika auf.
Die Wirtschaft in Simbabwe ist zusammengebrochen. Inflationsraten von über 1.000 Prozent im Mai ließen die Brotpreise auf 80.000 simbabwische Dollar, etwa 1 US-Dollar, steigen. Im Dezember 2004 waren es noch 3.500 „Sim-Dollar“. Seit Beginn der Vertreibung von fast 4.000 weißen Farmern im Jahre 2000 ist die landwirtschaftliche Produktion auf ein Minimum gesunken. Schwarze Farmer scheiterten wegen des Mangels an Finanzen und Saatgut. Inzwischen bietet die Regierung Weißen offenbar wieder Land an, aber laut Bennett, selbst ein ehemaliger Farmer, geht niemand zurück.
Es fehlt nicht nur an Lebensmitteln und Benzin, sondern auch an ausländischer Währung. Tragetaschen voll wertloser Geldbündel werden vor den leeren Geschäften angekarrt, um ein Paket Zucker zu kaufen. Simbabwe, kurz nach der Unabhängigkeit 1980 als Brotkorb der Region gefeiert, ist zum Bettler geworden. Mosambik und Südafrika stellen Kredite für Importe und Elektrizität zur Verfügung. Doch Wasser und Strom fallen oft aus in Simbabwe. Die hohe Arbeitslosigkeit – zwei von drei Simbabwern haben kein Einkommen – zwingt viele in den Hunger und zur Flucht. Mugabes gewaltsame Säuberungsaktion „Murambatsvina“ in den Armenvierteln nahe der Hauptstadt Harare im vergangenen Jahr hat allein mehr als 700.000 Menschen aus ihren Hütten vertrieben. Die Menschenrechtsverletzungen gegen die Bevölkerung sind offenkundig, doch in Südafrika erhalten nur ganz wenige Antragsteller politisches Asyl, wohl auch aus Panik vor einem weiteren Massenandrang.
Südafrikas Gewerkschaftsverband und Regierungspartner Cosatu verglich dieses Vorgehen mit der Diktatur Mugabes. Präsident Thabo Mbeki weicht nicht von seiner Linie ab, dass Simbabwe souverän sei. Kürzlich wies er auf einen geplanten Besuch einer UN-Delegation nach Simbabwe hin, bei dem über die Lage gesprochen werden könne. Mubage dementierte dies.
Auch für Bennett ist die Destabilisierung des Landes ein simbabwisches Problem, das auch dort gelöst werden muss. Aber es sei zugleich ein afrikanisches Problem und müsse daher mit Südafrika, einem demokratischen Land, offener besprochen werden, so Bennett: „Wir brauchen einen Fahrplan für eine neue Verfassung und freie und faire Wahlen.“
MARTINA SCHWIKOWSKI