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Ein Grenzscharmützel

Wie die Polenbeauftragte Gesine Schwan eine schwule und lesbische Ausstellung im Nachbarland rettete

Ins Fahrwasser der deutsch-polnischen Beziehungen wäre die Ausstellung „Sie mögen uns sehen“ der Fotografin Karolina Breguła wohl nie gekommen, wäre sie nicht im Foyer des Collegium Polonicum im polnischen Grenzstädtchen Słubice zu sehen. Dort aber erregten die Fotos von schwulen und lesbischen Paaren die Aufmerksamkeit eines Posener Geologieprofessors. Prompt forderte der, diese „Werbung für Homosexualität“ zu unterbinden. Andernfalls, drohte er, werde er am Collegium Polonicum nicht mehr unterrichten. Auf geradezu groteske Weise wurde damit das Anliegen der Ausstellung bestätigt. Dieses richtet sich nämlich ausdrücklich gegen die „Homophobie in Polen“.

Nun ist das Collegium Polonicum nicht irgendeine Hochschule, sondern eine gemeinschaftliche Einrichtung der Adam Mickiewicz Universität (UAM) in Posen und der Europauniversität Viadrina in Frankfurt (Oder). Als solche hat nicht nur der Direktor der UAM ein Wörtchen mitzureden, sondern auch Gesine Schwan, ihres Zeichens Präsidentin der Viadrina und Beauftragte der Bundesregierung für deutsch-polnische Beziehungen.

De facto allerdings war der Einfluss der Viadrina in Słubice in der Vergangenheit gering. So beugte sich also auch der Chef des Collegium Polonicum, Krzysztof Wojciechowski, dem Anliegen aus Posen und ordnete an, die Ausstellung in einen kleineren Raum zu verbannen. Ebenfalls betroffen sollte eine Ausstellung über das Recht auf Abtreibung sein, die ebenfalls im Foyer hing. Und das, obwohl den Herrn Professor diese Ausstellung überhaupt nicht gestört hatte. Beide Ausstellungen wurden vom „Deutsch-polnischen Jahr“ mitfinanziert.

Doch diesmal gingen die Posener und Wojciechowski zu weit. Nicht nur die Deutsch-polnische Gesellschaft Brandenburg protestierte. Es intervenierten auch Gesine Schwan und Viadrina-Vizepräsidentin Janine Nuyken.

Seit Montag steht nun fest: Beide Ausstellungen dürfen bleiben. Vielleicht sollte Gesine Schwan die Gunst der Stunde nutzen und gleich noch die Schwulen- und Lesbenparade in Warschau anmelden – als Gemeinschaftsprojekt zum endgültigen Abschied des deutsch-polnischen Jahres. UWE RADA

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