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Archiv-Artikel

Geschichten, die Hoffnung machen

THEATER Die Reihe „Asyl-Monologe“ hatte über 180 Vorstellungen in mehr als 100 Städten. Jetzt lädt der Heimathafen Neukölln zu einer Sonderaufführung mit Experten-Gesprächen über Flüchtlingspolitik

Diskussionen zur Flüchtlingspolitik

Das dokumentarische Theaterstück „Die Asyl-Monologe“, von der „Bühne für Menschenrechte“ auf der Grundlage von Interviews mit Flüchtlingen und Verfolgten erarbeitet, wurde rund 180-mal aufgeführt. Für die „Asyl-Monologe Spezial“ am Donnerstag hat das Ensemble jetzt Experten versammelt, die nach der Vorstellung in kleinen Gesprächsrunden über Flüchtlingspolitik diskutieren werden.

■ Asyl-Monologe Spezial: Heimathafen Neukölln, Karl-Marx-Str. 141, 5. 12., 19.30 Uhr, 15/10 €

VON JURI STERNBURG

Das dokumentarische Theaterstück „Die Asyl-Monologe“ erzählt von Menschen, die Grenzen überwunden, Verbündete gefunden, ein „Nein“ nie als Antwort akzeptiert und unter aussichtslosen Bedingungen immer weiter gemacht haben. Wenn das Stück am heutigen Mittwoch im Heimathafen Neukölln aufgeführt wird, dann ist das nicht nur besonders wegen der anschließenden Gesprächsrunde mit den eingeladenen Experten, sondern auch aufgrund des Weges, den dieses Stück bereits zurückgelegt hat. In über 100 Städten wurden die Monologe inzwischen aufgeführt, an die 180 Vorstellungen gab es, unter anderem in den Münchner Kammerspielen, dem Polittbüro Hamburg, dem Thalia Hamburg und am Brandenburger Tor.

Eine beeindruckende Erfolgsgeschichte. Neben so wichtigen und logischen Aufführungsorten wie dem Refugee-Camp auf dem Oranienplatz ist die Theatertruppe um die Schauspieler Asad Schwarz-Msesilamba, Eray Egilmez und Anika Lehmann aber eben auch dort hingegangen, wo es manchmal weh tun kann: in die deutsche Provinz.

„Wir erleben die Diskussionen in kleineren Städten teils als besonders intensiv. Oft treten wir an Orten auf, in die gerade Asylsuchende umverteilt wurden, und wo es um die Frage der Unterbringung geht. Vor kurzem entwickelte sich beispielsweise im fränkischen Schwabach nach der Aufführung eine intensive Diskussion über die dezentrale Unterbringung von Geflüchteten. Bei einer Aufführung in Merseburg gelang es, viele Geflüchtete aus dem Asyllager Krumpa einzuladen“, erzählt Michael Ruf, der für Buch und Regie verantwortlich ist. „Diese konnten die Diskussion im Anschluss nutzen, um Lokalpolitiker mit ihren Forderungen zu konfrontieren und wichtige Kontakte, z. B. mit einer studentischen Unterstützergruppe, zu knüpfen. Mitte Dezember werden wir an drei Abenden die Asyl-Monologe in Kleinstädten in Vorpommern, wo es Proteste gegen Asylsuchende gibt, aufführen.“

Stunden- bis tagelang haben der Regisseur und die Mitglieder des Theaterkollektivs „Bühne für Menschenrechte“ Flüchtlinge und Verfolgte interviewt, mit ihnen diskutiert und daraus die teils beklemmenden, teils Hoffnung spendenden Texte erstellt, immer sinn-, meist auch wortgetreu. Die Geschichten erzählen unter anderem von Ali aus Togo, von Freunden „Präsident“ genannt, Felleke aus Äthiopien, der erst willensstark Abschiebeversuche verhindern muss, um dann einen Menschenrechtspreis zu bekommen, und Safiye, die nach Jahren der Haft in der Türkei und einer abstrus klingenden Asylablehnung sich für das Lebensbejahendste überhaupt entscheidet: Sie schenkt einem Sohn und einer Tochter das Leben.

In den kleinen Runden kann es zu einem regen Austausch kommen

Dieses Mal wird es zu einem besonderen Zusammentreffen zwischen Publikum, Mitwirkenden und eingeladenen Experten kommen. Die erwarteten 180 Zuschauer können sich nach der Vorstellung an einen der zwanzig Tische setzen und mit den Experten – einige mit, andere ohne eigene Fluchterfahrung – diskutieren, während ein Caterer Essen serviert. Dann erzählen Aktivisten, Betroffene, Projektorganisatoren den Besuchern von dem Thema Flucht, was sich vor lauter medialem Hochglanz oft nur noch schwer greifen lässt. Gespräche auf Augenhöhe sollen einen eindrucksvollen konkreten Zugang verschaffen. So kann es in den kleinen Runden zu einem regen Austausch kommen.

Gerade in Zeiten von rassistisch geprägten Kampagnen und Fackelmärschen gegen Flüchtlinge in Berlin-Hellersdorf, Schneeberg, Greiz, Friesack oder anderswo ist es natürlich abseits des aktiven Widerstands gegen solche Initiativen wichtig, in einen Diskurs zu kommen. Michael Ruf hat angekündigt, unbedingt auch noch einmal im Camp auf dem O-Platz spielen zu wollen: „Unsere Freunde vom Oranienplatz haben uns rückgemeldet, dass sie in der Folge positive Reaktionen von den Kreuzbergern erhalten haben. Besonders wichtig war, dass im Anschluss an die Performance die Aktivisten vor 300 Leuten auf aktuelle Diskussionen eingehen konnten. Eventuell wird es noch eine weitere Aufführung der Asyl-Monologe am Oranienplatz vor Weihnachten geben – wir sind momentan im Gespräch miteinander. Gerade zur Zeit ist jede solidarische Aktion besonders wichtig.“