LESERINNENBRIEFE :
Kohlekraft nicht notwendig
■ betr.: „Wir brauchen Kohlekraft“, taz vom 3. 12. 13
Wenn es noch eines Beweises für die Nichtnotwendigkeit von neuen Kohlekraftwerken bedurft hätte, so ist dieser durch das Interview mit Hildegard Müller, Hauptgeschäftsführerin des BDEW, endgültig gegeben. Sie spricht sich für die Notwendigkeit von Kohlekraftwerken aus, kann sie aber an keiner Stelle begründen. Der Begriff Kombi-Kraftwerk, der Zusammenschluss von Wind-, Solar-, Biogas- und Wasserkraftanlagen zur bedarfsgerechten Stromlieferung, ist für sie ein Fremdwort. ARTUR BORST, Tübingen
Populistische Idee
■ betr.: „CSU protestiert gegen Pkw-Maut für Ausländer – in Österreich“, taz vom 2. 12. 13
Bayerns Innenminister Herrmann und sein Chef, Ministerpräsident Seehofer, übersehen geflissentlich, dass in anderen Ländern, in denen eine Autobahn-Vignette obligatorisch ist – ich denke da speziell an Österreich und die Schweiz – für alle Pkw eine solche gelöst werden muss, nicht nur für ausländische. Es kommt dazu, dass in diesen beiden Ländern die Einheimischen keinerlei Vergünstigungen haben, dies im Gegensatz zum deutschen Vorhaben. In Österreich ist für jeden Pkw jedes Jahr die motorbezogene Versicherungssteuer zu bezahlen, in der Schweiz ebenso jährlich die Motorfahrzeugsteuer. Die Vignette wird also obendrauf gesattelt. Zudem: Beide Steuern sind höher als die vergleichbaren deutschen.
Sind sich die deutschen Spitzenpolitiker bewusst, dass ihre populistische Idee, mittels der Vignette die Ausländer für die Sanierung der schlaglochübersäten deutschen Straßen, für die Erneuerung der vielen einsturzgefährdeten deutschen Brücken bezahlen zu lassen, Retorsionsmaßnahmen auslösen wird? So betonte Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann, dass in der EU jeder gleich viel wert ist. „Keine Maut ab Grenze“ war am ersten Dezember-Sonntag der Schlachtruf; aber die Maut ab Grenze wird nun erhoben.
JÜRG WALTER MEYER, Leimen
Kommentar nötig?
■ betr.: „Deutsche Kinder werden Streber“ u. a., taz vom 4. 12. 13
Die von Pisa ermittelten Ergebnisse der deutschen Schüler haben sich verbessert. Die günstigen Ergebnisse könnten aber in Frage gestellt werden, wenn alle Wünsche erfüllt werden, die alle Wohlmeinenden an die Schule herantragen. Zuletzt wurden noch drei neue Schulfächer gefordert: Verbraucherkunde, Ernährungswissenschaft und Klimakunde. Ich zähle seit Jahren alle die Fächer, die in die warme Schulstube sollen. Das sind: Ästhetik, Altersvorsorge, Anthropologie, Arbeitslehre, Archäologie, Astronomie, Benehmen, Biologie, Chemie, Ernährungslehre, Erziehungslehre, Ethik, Eugenik, Europakunde, Eurythmie, Familienkunde, Freizeitlehre, Friedenskunde, Geldkunde, Geschichte, Gemeinschaftskunde, Gesundheitslehre, -pflege, -erziehung, Glücklich sein, Gruppendynamik, Hauswirtschaftslehre, Holocaust (Zentralrat der Juden), Informatik, Internet, Kapitalanlage, Kochen, Komposition, Konsumkunde, Kunst, Laienspiel und -improvisation, LER, Lebenskompetenz-Stressbewältigung-Alkoholvorbeugung (Bätzing), Literatur, Mathematik, Medienkompetenz, -erziehung, Meditation , Museumskunde, Musik, Partiturspiel (Richard Strauss), Pfeifen (auf Gomera), Philosophie, Politik, Polytechnik, Psychologie, Rechtschreiben, Rechtskunde, Religionswissenschaft vergleichende, Rhetorik, Schwimmen, Selbstverteidigung, Sexualerziehung, Sozialverhalten, Sozialwissenschaft, Sprachwissenschaft, Sprecherziehung, Tanz, Technik, Theatererziehung, Toleranzfähigkeit, Verbraucherkunde, Verkehrserziehung.
Kommentar nötig? WILFRIED MEYER, Odenthal
Hinter der Pisa-Fassade
■ betr.: „Pisa-Chefs gegen Kritiker“, taz vom 4. 12. 13
Das Wolfram Meyerhöfer Interview fasst hinter die Fassade der Pisa-Studien und des OECD-getragenen neuen Leistungsbewusstseins und der nationalen wie internationalen Schülerleistungsvergleiche. Ist ja auch schön, wie sehr sich der Wirtschaftsverband um die Leistungsfähigkeit unserer Schüler sorgt – damit sie stromlinienförmig später scheinbar besser wirtschaftlichen Interessen dienen? Da ist es wohl verständlich, dass die führenden Herren dieser Testeritis dem kenntnisreichen und schlagfertigen Kritiker Unkenntnis in der Sache vorwerfen. Vermutlich kennt er ihre Interessenlagen nicht so genau wie den didaktischen Wert ihrer Tätigkeit, den ich als Lehrer vollständig nachvollziehen kann und genau so erfahren habe.
Ein wesentliches Ergebnis der Pisa-Studien ist allerdings die inzwischen Allgemeingut gewordene Erkenntnis, dass Arm und Reich ganz unterschiedliche Bildungschancen auch in Deutschland haben – wenn man das nicht zufällig auch schon vorher gewusst hat.
ERNST-FRIEDRICH HARMSEN, Berlin