: „Wir unterschätzen das Problem keineswegs“
Rafał Wasiak, Pressesprecher der polnischen Nationalpolizei, glaubt nicht, dass polnische Hooligans bei der WM eine ernst zu nehmende Gefahr darstellen werden. Trotzdem schätzt er deren Anzahl auf 2.500 gewaltbereite Personen
taz: Herr Wasiak, die polnischen Hooligans werden von vielen deutschen Medien als Gefahr für die Fußball-Weltmeisterschaft beschrieben. Was halten Sie von solchen Berichten?
Rafał Wasiak: Ich halte diese Berichte für eine maßlose Übertreibung. Die Quellen sind nicht glaubwürdig. Die polnische Nationalpolizei und der polnische Fußballbund sind nicht gefragt worden. Die Informationen basieren einzig und allein auf Gerüchten.
Wollen Sie damit sagen, die polnischen Hooligans sind gar nicht schlimm?
Das Problem Hooliganismus existiert in ganz Europa. Ich wehre mich dagegen, dass die polnischen Hooligans und nur sie als die alleinige Gefahr dargestellt werden.
Wie viele Gewalt suchende und gewaltbereite Hooligans gibt es in Polen?
Wenn ich Ihnen die Zahl sage, schreiben Sie bitte auch, wie viele Gewalt suchende und gewaltbereite deutsche Hooligans es gibt.
In der entsprechenden Kategorie der Zentralen Informationssstelle Sporteinsätze (ZIS) sind rund 7.000 deutsche Fans gespeichert. Über 1.000 davon kommen aus Berlin.
Wir gehen in Polen von 2.000 bis 2.500 gewaltbereiten und Gewalt suchenden Fans aus. Ich glaube nicht, dass die polnischen Hooligans bei der WM eine ernst zu nehmende Gefahr darstellen werden. Aber wir unterschätzen das Problem auch nicht. Deshalb wird die polnische Polizei die deutsche Polizei während der WM vor Ort mit 68 Beamten unterstützen, 50 davon sind uniformierte Kräfte. Mit der ZIS unterhalten wir schon seit längerem einen regelmäßigen Datenaustausch, der natürlich auch Informationen über geplante Reisen von polnischen Fangruppen beinhaltet.
Wird es an der polnischen Grenze spezielle Kontrollen geben?
Wenn es notwendig ist, werden wir die deutsche Bundespolizei über die Anreise von Fußball-Fans informieren. Das gilt auch für Fans aus der Ukraine und Fans anderer Ländern, die durch Polen nach Deutschland reisen. Aufhalten können wir Fans aber nur, wenn sie in Polen straffällig werden oder sich anderweitig danebenbenehmen. Eine Person, die ganz normal reist, können wir nicht stoppen. Das läge auch nicht in unserer Intention.
An mangelnder Unterstützung der polnischen Polizei wird die Fußballweltmeisterschaft 2006 also nicht scheitern?
Wir versuchen alles zu tun, was möglich ist, um unsere deutschen Kollegen zu unterstützen. Ich kann mich nur Innenminister Wolfgang Schäuble anschließen: Wir wollen sichere Spiele. Aber wir wollen nicht, dass der Sicherheitsaspekt überwiegt. Oder, um mit Franz Beckenbauer zu sprechen: Wir haben getan, was möglich ist. Nun ist alles in Gottes Hand.
INTERVIEW: PLUTONIA PLARRE