: Die Mehrheit bleibt chavistisch
VENEZUELA Die Opposition hatte die Kommunalwahlen vom Sonntag zu einem Referendum über Präsident Maduro machen wollen. Sie ist wieder gescheitert
BUENOS AIRES taz | Venezuelas Staatspräsident Nicolás Maduro zeigte sich sichtlich zufrieden. „Die Opposition hat behauptet, dies sei ein Plebiszit und ich müsste zurücktreten, sollte sie gewinnen. Was macht die Parteispitze der Opposition jetzt, nach der dritten Niederlage in 14 Monaten?“ Gerade war Maduros regierende sozialistische Einheitspartei PSUV aus den Kommunalwahlen als stärkste Kraft hervorgegangen.
Nach der Auszählung von knapp 98 Prozent der Stimmen kam sie landesweit auf 44,2 Prozent oder in absoluten Zahlen auf knapp 4,6 Millionen Stimmen. Zusammen mit den Stimmen der mit ihr verbündeten Parteien errang die PSUV sogar knapp 50 Prozent der abgegebenen Stimmen.
Dagegen erhielt die oppositionelle Parteienallianz Mesa de la Unidad Democrática (MUD) nur knapp 41 Prozent der Stimmen. Zusammen mit den ihr nahestehenden Verbündeten konnte sie das Ergebnis lediglich auf 42,7 Prozent steigern, absolut knapp 4,4 Millionen Stimmen.
Die Regierungspartei stellt so zukünftig in 196 von 335 Kommunen den Bürgermeister. Die Opposition regiert 53 Rathäuser, darunter die Bürgermeisterämter der zwei größten Städte des Landes, Caracas und Maracaibo. Acht Rathäuser gingen an unabhängige Kandidaten. In 78 Kommunen stehen die Ergebnisse noch aus. Rund 59 Prozent der 19 Millionen Wahlberechtigten hatten sich am Sonntag an den Wahlen beteiligt. Die Abstimmung war friedlich verlaufen.
Die Opposition hatte die Kommunalwahlen zu einer Abstimmung über die Regierungspolitik von Staatspräsident Nicolás Maduro gemacht. Mit dem Urnengang sollte der nationale Wandel eingeleitet werden, sagte im Wahlkampf der konservative Oppositionsführer Henrique Capriles.
Nach der ersten Auszählung bewertete Capriles das Ergebnis als Patt. „Wir haben ein geteiltes Land, das nach einem Dialog verlangt“, sagte der Gouverneur des Bundesstaates Miranda. Die Erkenntnis bleibt: Capriles konnte sich abermals nicht gegen Chávez-Nachfolger Maduro durchsetzen
Die Kommunalwahlen waren die ersten landesweiten Abstimmungen nach der Präsidentschaftswahl. Damals setzte sich Maduro mit nur 200.000 Stimmen Vorsprung gegen Capriles durch. Capriles erkennt den Wahlsieg Maduros nach wie vor nicht an. Venezuela leidet seit Monaten unter einer schweren Finanz- und Wirtschaftskrise. Der Schwarzmarktkurs für den US-Dollar liegt um das Achtfache über dem staatlichen Wechselkurs von 6,50 Bolivares.
Die Inflationsrate für das laufende Jahr wird auf 50 Prozent geschätzt und ist damit die höchste in Südamerika. Alltägliche Waren wie Milch oder Toilettenpapier sind oft schwer zu bekommen und rufen Hamsterkäufe hervor, sobald sie im Angebot sind. Stromabschaltungen sind vor allem in den Provinzen an der Tagesordnung.
Dass die Bevölkerung trotz Versorgungsengpässen und Stromabschaltungen nicht in Scharen zur Opposition übergelaufen ist, hat zum einen mit der Abhängigkeit vieler von staatlichen Programmen zu tun. Aber auch damit, dass die Regierung in den Wochen vor der Wahl massiv gegen die Inflation vorgegangen war und elektronische Konsumgüter zu Billigpreisen verkaufen ließ. Das ist zwar kein nachhaltiges Vorgehen gegen den Inflationsdruck, brachte aber einiges an Dankesstimmen für die Regierungspartei.
Das Ergebnis der Kommunalwahlen wird die Regierung denn auch nicht zu einer Kursänderung drängen. Im Gegenteil, Maduro kann sich bestätigt sehen, dass sein Gang über die Dörfer erfolgreich war. Sein Ziehvater Hugo Chávez hatte sich so ebenfalls die Unterstützung auf dem Land gesichert.
Monatelang war Maduro nach seinem nur knappen Wahlsieg mit einer „Regierung der Straße“ übers Land gezogen, hatte sich die Probleme der Menschen schildern lassen und Hunderte von Vorhaben – zudem live auf allen Fernsehkanälen – angekündigt. JÜRGEN VOGT