14.000 Stimmen fürs Bethanien

Mit einer Unterschriftenübergabe geht das Bürgerbegehren gegen die Privatisierung des Bethaniens in die nächste Runde. In der vor einem Jahr geräumten „Yorck 59“ sollen Luxus-Lofts entstehen

von Christoph Villinger

Über 14.000 Unterschriften übergab gestern die Initiative Zukunft Bethanien dem Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg. Diese hatten die Initiatoren des Bürgerbegehrens gegen eine Privatisierung des Künstlerhauses am Mariannenplatz in den vergangenen sechs Monaten gesammelt. Gegen den geplanten Verkauf an einen privaten Investor opponieren nicht nur Anwohner seit Jahren. Nach der gewaltsamen Räumung der „Yorck 59“ vor genau einem Jahr zogen einige der Geräumten in den leeren Südflügel des Bethaniens und gründeten dort das Wohn- und Kulturprojekt „New Yorck“. Angedrohte Räumungstermine ließ Bezirksbürgermeisterin Cornelia Reinauer (Linkspartei) verstreichen. Der „Kampf ums Bethanien“ erhält durch die Unterschriftenkampagne Auftrieb.

„Zwar würden knapp 5.000 Unterschriften für einen Erfolg des Bürgerbegehrens ausreichen“, betont Simone Kypke von der IZB, doch man wolle auf Nummer sicher gehen. Denn neben „Donald Duck“ und dem amerikanischen Präsidenten George W. Bush haben auch viele Anwohner unterschrieben, deren Unterschriften vom Bezirksamt nicht als gültig gewertet werden. „Unterschriftsberechtigt sind nur in Friedrichshain-Kreuzberg gemeldete EU-Bürger ab 16 Jahren“, bedauerte Kypke, dies schließe viele türkischstämmige Anwohner aus.

Nun hat das Bezirksamt einen Monat Zeit, die Unterschriften zu prüfen. Sind genügend gültige Unterschriften zusammengekommen, dürfen das Bezirksamt und die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) keine dem Bürgerbegehren entgegenstehende Entscheidungen mehr treffen. Innerhalb von zwei weiteren Monaten kann sich nun die BVV „eins zu eins unserem Anliegen anschließen“, wie Kypke hofft. Oder man findet einen für beide Seiten tragbaren Kompromiss.

Wird dieser nicht gefunden, kommt es spätestens nach weiteren vier Monaten zu einem Bürgerentscheid, bei dem die Bürger zwischen verschiedenen Konzepten wählen können. Bei einer Mindestwahlbeteiligung von 15 Prozent reicht dann die einfache Mehrheit. „Am 29. Juni wollen wir auf einer vom Bezirksamt organisierten öffentlichen Veranstaltung erstmals unser Konzept präsentieren“, sagte Wolfgang Lenk von der Bethanien-Initiative. Gegen das Bezirksamtskonzept, das eher ein der Hochkultur zugeordnetes Kunsthaus vorsieht, setzt die Initiative auf ein breites, in den Stadtteil eingebundenes soziokulturelles Zentrum. Auf der Veranstaltung will auch das Bezirksamt seine Pläne für das Bethanien vorstellen.

Zum Jahrestag ihrer Räumung aus der „Old Yorck“ berichteten die Bewohner der „New Yorck“ über den Stand der Vertragsverhandlungen im Bethanien. Aus ihrer Perspektive stehe ein Vertragsabschluss über die Nutzung des Südflügels als Kulturprojekt mit integrierter Wohnnutzung kurz bevor, es fehle nur noch die politische Zustimmung. Ob diese allerdings noch vor den Neuwahlen zur Bezirksverordnetenversammlung am 17. September komme, sehen viele Kenner des Bezirksamts skeptisch.

Doch was nach einem Jahr Leerstand hinter Stacheldraht mit den alten Fabriketagen in der „Yorck 59“ passieren soll, ist inzwischen klar. Die einstigen Bewohner präsentierten ein Exposé einer „selectberlin properties“, in dem die Etagen als 13 luxussanierte Wohn-Lofts zu einem durchschnittlichen Kaufpreis von 400.000 Euro pro Stück angeboten werden.