off-kino
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

„Erin Brockovich“, 8. 6., Filmmuseum Potsdam

Ziegenbärtchen, Sonnenbrille und eine Wollmütze der Sorte „peruanisches Hochland“: Hamlet (Ethan Hawke), bei Shakespeare bekanntlich der hochwohlgeborene Prinz von Dänemark, kommt in Michael Almereydas Independent-Verfilmung des Dramas um den ewig zaudernden Rächer daher wie ein weißer Hiphopper. „Hamlet“ als Trash-Pop-Version: Der orientierungslose Rebell logiert in einem unaufgeräumten Zimmer des Hotels Elsinore, derweil der Geist seines ermordeten Vaters über die Korridore wandelt und im Pepsi-Cola-Automaten verschwindet. Über „Sein oder Nichtsein“ räsonniert Hamlet dann zwischen den Actionfilmen in einer Videothek, im Hintergrund hängen Schilder mit der Aufschrift „Go Home Happy“. Die Umsetzung des Stoffes in die stilisierte Gegenwart des globalen Medienkonzerns Denmark Corporation, einer von Managern bevölkerten blau-grauen Welt typischer Repräsentationsarchitektur, funktioniert problemlos, und der sardonische Humor des Regisseurs sorgt zunächst für einiges Amüsement, auch wenn die manchmal allzu sinnfälligen Gegenwarts-Analogien dem Tiefsinn des Stückes nicht wirklich gerecht werden. Doch die Respektlosigkeit des Unternehmens wirkt durchaus sympathisch, und wer seinen „Hamlet“ lieber klassisch mag, der kann immer noch auf Laurence Olivier zurückgreifen.

Als Don Siegels Science-Fiction-Klassiker von 1956 „Invasion of the Body Snatchers“ (Die Dämonischen) erstmals im Kino zu bewundern war, stellte der Pessimismus des Films eine Ausnahme in diesem Genre dar. Normalerweise trat gegen Invasoren aus dem Weltall einfach das Militär an: Ein paar Bomben hier, ein paar Bomben da – schon war die Welt gerettet. Doch in „Invasion of the Body Snatchers“ sind die Protagonisten dem Geschehen hilflos ausgeliefert, sie können sich gegen die außerirdischen Pflanzen, die den Körper der Menschen übernehmen und deren Persönlichkeit auslöschen, nicht wehren. Das Vertrauen in Familie, Freunde und Polizei geht verloren, denn Siegels Held, der Arzt Miles Bennell (Kevin McCarthy), kann Menschen und Replikanten nicht auseinander halten: „Ich sah ein, ich konnte überhaupt niemandem mehr trauen.“ Was bleibt, ist fundamentale Unsicherheit: Auch wenn Bennell als letzter „echter“ Mensch aus seiner Kleinstadt flieht, die Ausbreitung der Pflanzen kann er nicht verhindern.

„Invasion of the Body Snatchers“, 10.+12. 6., Lichtblick

Julia Roberts’ Oscar-prämierte Paraderolle: Als ungelernte Anwaltsgehilfin Erin Brockovich macht sie sich in Steven Soderberghs gleichnamigem Comedy-Drama daran, einen Umweltskandal aufzudecken und Entschädigungszahlungen für die Betroffenen zu erstreiten. Dabei ist „Erin Brockovich“ perfekt auf Roberts’ größte Talente zugeschnitten: ihre lebhafte Komik und ihre Bodenständigkeit. Höhepunkte des Films sind die vielen komischen Streitereien zwischen Erin und ihrem Chef, dem Anwalt Ed Masry, die von Roberts und Albert Finney in Form einer Screwball-Komödie präsentiert werden, in der es stets darum geht, wer das letzte Wort behält.

„Hamlet“, 9.+13. 6., Filmkunst 66

Lars Penning