Todesstrafe für Islamistenführer bestätigt
BANGLADESCH Generalsekretär der Dschamaat-i-Islami soll wegen Kriegsverbrechen gehängt werden
BERLIN taz | Die Demonstranten von Dhakas Shahbagh-Platz bekommen jetzt, was sie im Februar lautstark gefordert hatten: Abdul Kader Mullah muss gehängt werden. Der Islamist war wegen Kriegsverbrechen zunächst zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Nach Protesten gegen das „milde“ Urteil, einer hastigen Gesetzesänderung und juristischem Tauziehen in den letzten Tagen wurde das inzwischen verhängte Todesurteil gegen den Generalsekretär der islamistischen Partei Dschamaat-i-Islami (JI) nun rechtskräftig. Es kann ab sofort vollstreckt werden.
„Schlächter von Mirpur“
Mullah wurde wegen Vergewaltigung und der Ermordung von 350 Menschen 1971 verurteilt. Damals starben in Bangladeschs Befreiungskrieg von Pakistan je nach Quelle 300.000 bis drei Millionen Menschen. Pakistans Militär ging mit bengalischen Kollaborateuren wie der JI gegen die Bevölkerung vor.
Für viele Bangladeschis, die Mullah „Schlächter von Mirpur“ nennen, steht seine Schuld außer Frage. Als ihn das Sondertribunal im Februar zunächst zu lebenslanger Haft verurteilte, besetzten Hunderte Aktivisten die zentrale Shahbagh-Kreuzung in der Hauptstadt Dhaka und forderten die Todesstrafe. Der Protest wuchs an, bis am 8. Februar 100.000 Menschen die Innenstadt blockierten.
Die Demonstranten hielten eine Haftstrafe für unverhältnismäßig, weil schon gewöhnlicher Mord in Bangladesch mit dem Tod bestraft wird. Und sie fürchteten, eine Nachfolgeregierung könne die Haftstrafe aufheben. Darauf ermöglichte das jetzige Parlament rückwirkend per Gesetzesänderung der Regierung das Urteil anzufechten. Im September wurde Mullah nachträglich zum Tode verurteilt. Die Exekution sollte eigentlich am Mittwoch kurz nach Mitternacht vollstreckt werden. Doch Mullahs Anwälte beantragten eine Überprüfung des Urteils, was eine Aufschiebung bewirkte.
Proteste von Menschenrechtsorganisationen und den Vereinten Nationen waren wirkungslos geblieben. Human Rights Watch kritisierte die nachträgliche Gesetzesänderung, die gegen die Verfassung wie gegen internationale Rechtsstandards verstoße. Schon vorher gab es Kritik an dem Tribunal selbst. So berichtete die Verteidigung in einem anderen Fall, dass ein Zeuge vor den Toren des Gerichts entführt wurde. Und erst vor wenigen Tagen starb ein Zeuge eines dritten Prozesses an Verletzungen, nachdem er von Unbekannten überfallen worden war. Vor einem Jahr war ein Richter zurückgetreten, nachdem Telefonmitschnitte nahelegten, dass die Regierung die Prozesse beeinflusst.
Wie sich die anstehende Hinrichtung auf die innenpolitische Situation auswirken wird, ist unklar. Dschamaat-i-Islami ist mit der oppositionellen Volkspartei BNP verbündet. Seit Wochen protestieren sie gegen die geplanten Parlamentswahlen am 5. Januar, die nicht wie bisher unter einer neutralen Übergangsregierung stattfinden. Bei Zusammenstößen mit der Polizei starben schon 60 Menschen. Nach der Bestätigung der Todesstrafe kam es schon in mehreren Städten zu Ausschreitungen. LALON SANDER