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Archiv-Artikel

In den Fängen der AG Netze

STROMLEITUNGEN

Von EST

Der gemeine Krake besteht aus vielen Armen und einem sackartigen Körper, auf Angriffe reagiert er schmollig: „Ich habe nie so einen schlechten Verlierer gesehen“, sagte Roland Reugels, leitender Verwaltungsbeamte des Amtes Elmshorn-Land, im Sommer über den Kraken, mit dem mehr als 100 Gemeinden in Schleswig-Holstein seit Jahren im Clinch liegen.

Teilweise seit einem halben Jahrzehnt versuchen die Orte, ihre kommunalen Strom- und Gasleitungen aus dem Geflecht der Schleswig-Holstein Netz AG zu befreien. Obwohl Gemeinderäte entschieden haben, die Konzessionen an ihre eigenen Stadtwerke zu übertragen, verweigert das Unternehmen, das Rechtsnachfolger von Eon Hanse ist, die Herausgabe. Am Dienstag treffen sich die Vertreter des Gemeindebündnisses mit der SH Netz AG in Karlsruhe vor dem Bundesgerichtshof.

Zu hohe Preise, untransparente Verfahren, das Verschweigen von Daten – das Wuppertal Institut hat in einer Studie die Tricks zusammengestellt, mit denen Energiefirmen die Rück-Übertragung von Netzen verschleppen. Als ein Beispiel wird die SH Netz AG genannt. Sie ist nach eigener Aussage mit 53.000 Kilometern Mittel- und Niederspannungsstrom-, 15.000 Kilometer Gas- und 7.500 Kilometer Kommunikationsleitungen der größte Netzbetreiber im Norden. Der Mutterkonzern Eon Hanse hält 51 Prozent, die Kommunen können gemeinsam auf maximal 49 Prozent kommen. Auf seinen Internetseiten schildert die Netz AG die Vorzüge der Zusammenarbeit, aber viele Kommunen finden die Lage längst „unhaltbar“, etwa in Rellingen, wo die Bürgermeisterin Anja Radke um die Versorgung fürchtet: Die SH Netz AG investiere nicht mehr in die Infrastruktur der Netze, die Stadtwerke dürften es nicht, weil sie noch keinen Zugriff auf die Netze haben, zitiert das Hamburger Abendblatt einen Verwaltungsmitarbeiter.

Vor allem ärgert die Kommunen, dass „das Geld weiter der SH Netz zufließt, obwohl die Gemeinden längst beschlossen haben, den Versorger zu wechseln“, so Bürgermeister Reugels. Es gehe um jährlich rund sieben Millionen Euro. „Skandalös“, findet auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Bettina Hagedorn. Sie versprach bei einer Veranstaltung im Sommer politische Unterstützung – bisher hat das aber noch nicht geklappt.  EST