Der Investor spielt sich auf

ROTE FLORA

Der Konflikt um die Zukunft des seit 24 Jahren besetzten autonomen Stadteilzentrums Rote Flora gewinnt an Brisanz und verlagert sich aus der Hamburger Politik, die sich für den Erhalt ausgesprochen hat, zusehends auf die Straße. Nach der Ankündigung des Eigentümers Klausmartin Kretschmer und seines neuen Consulting-Beraters Gert Baer, das historische Gebäude und das Areal mit dem Flora-Park zu einem „Kultur und Veranstaltungszentrum“ mit einer Konzerthalle für 2.500 Besucher um- und bebauen zu wollen, mobilisiert die autonome Szene international für eine Demonstration zum Erhalt des Projektes am kommenden Samstag. „Aus mehreren Ländern haben sich AktivistInnen angekündigt, aus vielen Städten kommen Busse oder Fahrgemeinschaften.“ heißt es auf der Internet-Seite „Flora bleibt unverträglich“.

Öl in das Feuer haben Kretschmer und Baer zusätzlich gegossen, in dem sie den Besetzern am Dienstag ein Ultimatum gestellt haben, bis zum 20. Dezember – einen Tag vor der Demonstration – das Gebäude zu räumen. „Die Zeit der Duldung der Besetzung meines Eigentums (...) ist ab sofort zu Ende, und ich muss Sie bitten und dringend auffordern, mein Eigentum (...) sofort zu räumen“, heißt es in einem Schreiben Kretschmers an die Flora-Nutzer und die Deutsche Presseagentur. Sollte dies nicht geschehen, schreibt Kretschmer weiter, „werde ich die zuständigen Behörden und Gerichte bitten und auffordern, mein Eigentum zu gegebener Zeit räumen zu lassen“.

Dass dieses Ansinnen ohne langwierige gerichtliche Auseinandersetzungen absurd ist, macht das Duo durch den Zusatz deutlich, dass sie ab sofort von den Besetzern ein Nutzungsgeld von „25.000 Euro plus Mehrwertsteuer“ pro Monat anmahnen. Die Rot-Floristen reagierten gelassen auf die mediale Show: „Der erneute Eskalationsversuch von Kretschmer und seinem Adjutanten Baer ist wenig überraschend“, sagte ein Rotflorist der taz. „Wir begrüßen Gert Baers konstruktive Mithilfe für die Mobilisierung zur Demonstration, ziehen es aber vor, so weiter zu machen wie bisher.“

Doch in der Unterstützerszene der Flora wird das Ultimatum zum Teil als „unmittelbarer Angriff“ gewertet. Wer glaube, „das Ultimatum nagelt uns vor Schreck am Boden fest, irrt sich“, sagt ein Autonomer. Und so werde sich der Protest am Samstag nicht nur auf die eigentliche Demonstration konzentrieren, sondern auch auf andere Orte. Die Büroadressen von Kretschmer und Baer könnten Ziel von Aktionen „jeglicher Art“ werden. Dass so etwas schnell aus dem Ruder laufen kann, zeigte sich am Donnerstagabend bei einer Spontandemo für die Rote Flora, als die zuständige Lerchenwache mit Steinen beworfen wurde. Die eingesetzte Schutzeinheit der Polizei war laut Augenzeugen versehentlich am Einsatzort vorbeigefahren.  KVA